Nicht der Fall
Zum Leserbrief „Was ist in Deutschland los?“ von Jürgen Saier vom 1. Oktober:
In dem Leserbrief wird die Frage gestellt, warum es in Deutschland Bestrebungen gibt, eine politische Partei, die in seinen Augen viele Wähler hat, zu verbieten. Herr Saier ist anscheinend der Meinung, dass eine Partei, die in einer Demokratie von Bürgern gewählt wird, damit auch eine demokratische Partei sein muss. Dies ist allerdings nicht der Fall. Die Beurteilung der Demokratie-Konformität obliegt Verfassungsrechtlern, Politikern und Juristen. Sie müssen auf der Basis des Grundgesetzes der Bundesrepublik entscheiden, ob eine politische Partei in ihren Zielen und Methoden mit den Kriterien des Grundgesetzes übereinstimmt. Der Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Er lautet nicht: „Die Würde der Deutschen ist unantastbar, bei Ausländern kann das anders sein“. Eine Partei, die konsequent zwischen deutschen und nicht-deutschen Menschen unterscheidet, verstößt gegen den Artikel 1 des Grundgesetzes und kann in meinen Augen nicht demokratisch sein.
Was ist also los in Deutschland, Herr Saier? Los ist, dass 70 Prozent der Deutschen den Parolen und Verharmlosungen der neuen rechten Partei nicht auf den Leim gehen und genau wissen, wie undemokratisch diese ist. 70 Prozent erkennen, dass diese Partei kein Problem mit Wahrheitsverbiegungen, faschistischem Gedankengut, direkter Nähe zu totalitären Staatslenkern und rassistischem Gedankengut hat. Demokratie ist für diese Partei nur das Sprungbrett an die Macht. Regiert wird anders – selbst wenn das aktuelle Wahlprogramm weichgespült wurde. Trau, schau wem.