Drei Kandidaten, drei Konzepte
Bewerbervorstellung Die Crailsheimer OB-Kandidaten Dr. Christoph Grimmer, Mihai Adrian Bolnavu und Peter Gansky präsentieren sich bei der offiziellen Veranstaltung der Stadt im Hangar.
Wir sind zur Neutralität verpflichtet und zu Chancengleichheit“, erklärt Sozial- und Baubürgermeister Jörg Steuler die Regeln der Bewerbervorstellung: Jeder der drei Kandidaten für das Amt des Crailsheimer Oberbürgermeisters darf sich am Donnerstagabend im Hangar 15 Minuten lang den rund 300 Besuchern vorstellen.
Kritische Themen
Kandidat 1: Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer kommt gleich zur Sache: Er spricht Themen an, die in der Stadtgesellschaft kontrovers diskutiert werden: Hangar-Kauf, unechte Teilortswahl, Verkehrsversuch und MVZ Altenmünster. „Die traditionellen Diskussionen um eine ‚klassische Stadthalle‘ gibt es noch immer. Aber: Wo wären wir mit Messen, der Merlins-Party, Konzerten und vielem mehr, wenn wir den Hangar nicht gekauft hätten?“, fragt er und stellt klar, dass bei einem 100-Millionen-Euro-Schulentwicklungsplan auf absehbare Zeit wohl keine Stadthalle gebaut worden wäre. Oder zum Verkehrsversuch: „Hier haben wir als Stadt auch Fehler gemacht.“
Für die nachfolgenden Vorstellungen seiner beiden Mitbewerber legt Grimmer der Zuhörerschaft „eine gesunde Skepsis“ ans Herz: „Sie können sicher sein, dass wir in der Stadtverwaltung ein engagiertes Team beisammen haben und auf allen Gebieten jeden Tag unser Bestes für Crailsheim geben.“ Er nimmt Bezug auf die von Kandidat Mihai Adrian Bolnavu angesprochenen Sicherheitsmängel an Spielgeräten, die digitale Transformation der Stadt und die Sorge, als Bürger nicht gehört zu werden. Grimmer korrigiert eine Aussage von Mitbewerber Peter Gansky: Der „Schuldenhorror“ von 120 Millionen Euro, den dieser für 2029 prognostiziert hatte, liege bei 30 Millionen Euro – „wenn überhaupt“.
Schließlich listet Grimmer eine lange Erfolgsliste seiner ersten Amtszeit auf, die mit dem Förder- und Stipendienprogramm zur Sicherung der ärztlichen Versorgung beginnt und über Kinderbetreuung, Schulen und Hallenbad zu Freizeitangeboten, Sicherheitsmonitoring und Bau- und Sanierungsgebieten reicht. „Ich weiß, was dieses Amt verlangt: Präsenz, Verantwortung, Belastbarkeit – und das tiefe Verständnis dafür, dass die besten Lösungen im Dialog entstehen“, sagt Grimmer.
Aus der Geschichte lernen
Kandidat 2: Für vieles sei Crailsheim bekannt, berichtet Mihai Adrian Bolnavu, der 2012 aus Rumänien nach Crailsheim kam und als Berufskraftfahrer arbeitet: die Menschen, die Vereine und das gute Essen – vor allem aber für die Horaffen. „Sie sind ein Stück unserer Seele“, ist der Bewerber überzeugt und referiert die Sage um die Belagerung der Stadt. In Bolnavus Version zeigt die Bürgermeistergattin den Belagerern allerdings anstatt ihres Hinterteils ihren blanken Rücken. Die Bezeichnung Horaff sei seither „ein Ehrenzeichen für Mut, Zusammenhalt und eine gute Portion Humor“. So wie die Menschen damals Gebäck über die Stadtmauer warfen, möchte er nun „Ideen über die Mauer der Bürokratie werfen“.
Menschen, die nicht meckern, sondern anpacken, hätten Bolnavu zu seiner Kandidatur motiviert, denn diese Einstellung teilt er: „Ich will keine Parteipolitik, sondern Praxis, Herz und gesunden Menschenverstand.“ Seine Themen sind: Sicherheit, Smart City und Freizeitangebote. „Crailsheim soll digitaler werden, nicht komplizierter. Vielleicht bestellen wir eines Tages unsere Horaffen digital – und sie werden mit dem Lastenrad geliefert“, blickt Bolnavu in die Zukunft.
Fokus auf Teamarbeit
Kandidat 3: „Ich denke, Oberbürgermeister zu sein, ist keine ‚One-Man-Show’“, bekennt sich Peter Gansky zur Teamarbeit. Der Religionslehrer und ehemalige Pfarrer will die Interessen der Bürgerschaft, des Gemeinderats und der Verwaltung zusammenbringen. Als langjähriger Stadtrat habe er nicht nur gelernt, „wie langsam sich die Mühlen in der Kommunalpolitik drehen“, sondern auch, welch dicke Bretter es zu bohren gibt und wie mühsam es ist, einen Konsens zu erreichen. „Kommunalpolitik verlangt Ausdauer, Kontinuität und eine dicke Kuttel. Nur so erträgt man die Trägheit der bürokratischen Hürden.“ Humor und die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können, seien nützlich. Dies bringe er mit. Gansky wendet das „Sokrates-Prinzip“ an: Er stellt Fragen. Dies rege zum Nachdenken an, was wiederum „Bewegung in eingefahrene Denkstrukturen“ bringe.
Auch er spricht zwei kontrovers diskutierte Themen an: Seine Entscheidung, sich in der Corona-Pandemie nicht impfen zu lassen, sowie das „Reizthema Kinderkrippen“. Bei der Betreuung von Kleinkindern außerhalb des Elternhauses werde er missverstanden: Der rechtliche Anspruch auf Krippenplätze sei eine Pflichtaufgabe der Stadt. „Aber wie lange Babys darin betreut werden und mit welchem Betreuungsschlüssel, da kann die Kommune mitentscheiden.“ Seine Kritik: Mit Kinderkrippen werde das Lebensmodell von Doppelverdienern subventioniert. Gerechter wäre ein festes Erziehungsgehalt für alle Eltern. Die Entscheidung darüber liege jedoch nicht in der Macht eines Oberbürgermeisters. „Ich jedenfalls zwinge keine Frau an den Herd“, stellt Gansky klar.
Am Ende werben die Kandidaten um das Vertrauen der Wähler. „Darauf kommt es an, dass wir in Crailsheim glücklich und zufrieden leben können“, sagt Gansky. Grimmer sagt: „Die Zukunft werden nicht die bauen, die im Wege stehen, sondern die, die neue Wege gehen.“ Und Bolnavu sagt: „Ziele erreicht man nicht mit großen Worten, sondern mit Taten.“
Info Eine Aufzeichnung der Kandidatenvorstellung ist auf der Homepage der Stadt Crailsheim (www.crailsheim.de) abrufbar.