Führung über die Ziellinie gerettet
Basketball Gegen die Paderborn Baskets holen die HAKRO Merlins Crailsheim den vierten Sieg im vierten Spiel in dieser Saison in der Pro A. Der ist aber glücklich und hart erkämpft.
Nur noch zwei Mannschaften sind in der zweiten Basketball-Bundesliga Pro A nach dem vierten Spieltag der Saison 2025/26 ohne Niederlage: Phoenix Hagen und die HAKRO Merlins Crailsheim. Vier Spiele, vier Siege – also alles in Butter bei den Zauberern, könnte man meinen. Doch nach dem hart erkämpften 76:73 gegen die Paderborn Baskets war nicht viel von Freudentaumel bei den Verantwortlichen zu spüren. „Wir müssen echt zufrieden sein, dass wir das Spiel über die Ziellinie gebracht haben und gewonnen haben. Das ist das einzige Positive an dem heutigen Tag“, sagte Merlins-Trainer David McCray, der seiner Mannschaft eine „sehr unkonzentrierte, nicht fokussierte und uninspirierende Vorstellung“ attestierte – und die Schuld dafür auf sich nahm: „Ich habe die Mannschaft nicht gut genug vorbereitet, dass das ein schweres Spiel für uns wird. Man muss dazusagen, dass uns drei wichtige Spieler gefehlt haben, dann ist das natürlich schwierig. Aber ich fand trotzdem nicht, dass wir mit der nötigen Konzentration und dem nötigen Fokus gespielt haben, was sich darin widerspiegelt, wie viele Korbleger und Freiwürfe wir nicht gemacht haben und welche Fehler wir in der Verteidigung gemacht haben. Das war alles sehr unkonzentriert und nicht das, was wir besprochen haben.“
Ähnlich schmallippig zeigte sich Ingo Enskat, der sportliche Leiter der Merlins, im kurzen Podiumsgespräch in der VIP-Lounge der Arena Hohenlohe in Ilshofen. „Das ist ein Tag, an dem es ganz schwierig ist, etwas zum Spiel zu sagen. Ich halt es heute damit: Wenn man nichts Positives sagen kann, sagt man besser gar nichts.“ Das Spiel sei sehr zäh gewesen, er sei für zwei Dinge dankbar: Die Mannschaft habe das Spiel am Ende gewonnen, das sei auch eine Qualität, schlecht zu spielen und irgendwie zu gewinnen. „Und ich bin dankbar, dass das Spiel vorbei ist. Ich freue mich jetzt auf das nächste Spiel.“ Am nächsten Samstag kommt mit Gießen einer der Aufstiegsanwärter nach Ilshofen, das werde ein ganz anderes Spiel und Kaliber werden, so Enskat, ein echter Gradmesser. Die Spieler können sich auf intensive Trainingswoche einstellen, prognostizierte der sportliche Leiter.
Die Partie gegen die Paderborn Baskets schien zur Halbzeit eigentlich schon entschieden zu sein, ohne dass die Crailsheimer besonders guten Basketball gespielt hatten. Sie lagen zwischenzeitlich mit 17 Punkten vorne (41:24), nahmen einen Vorsprung von 15 Punkten mit in die Halbzeitpause (45:30). Mit einem viertelübergreifenden 13:0-Lauf zum 45:41 waren die Gäste aber schnell nach dem Seitenwechsel in Schlagdistanz und blieben das auch bis zum Schluss der Partie. Jalen Johnson hatte mit dem letzten Angriff sogar die Möglichkeit, per Dreier auszugleichen. Doch Gabriel de Oliveira verteidigte ihn gut, sodass dem Paderborner nur ein Notwurf gelang. Crailsheim gewann 76:73.
Tumulte nach dem Spiel
Diese letzte Situation des Spiels zog noch Tumulte nach sich. Johnson stieß de Oliveira kurz nach der Schlusssirene zu Boden, Spieler beider Mannschaften stürmten aufs Feld und gingen sich an, die Emotionen kochten kurz hoch. Das könnte noch sportgerichtliche Konsequenzen nach sich ziehen für den ein oder anderen Spieler. „Schade, wie das Spiel geendet ist. Das war kein sportliches Finale, wie es sein soll“, sagte Yuri Dimitri, der Assistenztrainer der Paderborn Baskets.
Für Dimitri war es eine Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte, von August 2019 bis August 2022 war er bei den Merlins Chefcoach der JBBL-Mannschaft. Seit Juli 2024 arbeitet er in Paderborn, ist dort auch Trainer des NBBL-Teams. Und diese Doppelfunktion brachte es mit sich, dass Dimitri von Samstag auf Sonntag nach dem Spiel in Hohenlohe übernachtete und am Sonntagmorgen mit seinen zwei Spielern Tom Brüggemann und Leonard Kröger, die in Ilshofen beide knapp sieben Minuten im Einsatz waren, Richtung Berlin aufbrach, wo am Sonntagnachmittag das NBBL-Spiel bei Alba Berlin auf dem Programm stand. Ein Fahrer brachte das Trio in die Hauptstadt.
Yuri Dimitri freute sich darüber, in Ilshofen viele bekannte Gesichter wiederzusehen. „Die Atmosphäre war absolut spektakulär. Es war wirklich eine Ehre, hierherzukommen und coachen zu dürfen.“ Den Merlins traut er in dieser Saison einiges zu, zählt die Zauberer neben Hagen und Gießen zu den ganz heißen Titelfavoriten. „Crailsheim hat eine sehr physische und aggressive Mannschaft, sie haben ein klares Spielsystem und einen sehr guten Coach. Die Pro A ist eine sehr schwere Liga, aber Crailsheim hat alles, um aufzusteigen. Sie gehören nicht in diese Liga. Sie sind eine Bundesliga-Mannschaft, haben ein Bundesliga-Management. Crailsheim ist bereit für den Aufstieg.“
Gianni Otto mit drei Steals
Dazu müssen aber vor allem die Guards viel besser ins Laufen kommen. Keyshaun Langley traf gegen Paderborn nur drei seiner zwölf Dreier (25 Prozent) und verbuchte zwölf Punkte, Tyreese Blunt blieb von der Dreierlinie ganz kalt (0 von 3) und kam wie Antonio Madlock nur auf zwei Punkte. Chuck Harris fehlte erkältet, wie lange Maurice Stuckey nach den Folgen seines Zeckenbisses noch aussetzen muss, ist ungewiss. Gianni Otto konnte hingegen Pluspunkte sammeln, er war mit 13 Punkten zweitbester Korbjäger der Merlins, traf zwei von drei Dreiern und ergatterte zudem noch drei Steals.
Besser punktete bei Crailsheim an diesem Abend nur Anthony Gaines, der der alles überragende Spieler war. Ohne seine Dynamik in der Defensive und Offensive hätten die Merlins, denen Topscorer Brock Gardner zum zweiten Mal in Folge fehlte (im Training mit dem Knöchel umgeknickt), das Spiel wohl verloren. Mit 32 Punkten stellte Gaines einen neuen persönlichen Rekord in der Pro A auf. Er traf 12 von 18 Zweiern, meist zog er direkt zum Korb und legte den Ball rein. Zudem griff er sich fünf Rebounds und verteilte vier Assists. Von den Fans – 2292 Zuschauerinnen und Zuschauer waren in die Arena gekommen – wurde Anthony Gaines mit MVP-Sprechchören gefeiert.
Bei den Paderborn Baskets, die jetzt einen Sieg und drei Niederlagen auf dem Konto haben, kamen gegen die Merlins fünf Spieler auf eine zweistellige Punktausbeute: Grant Teichmann (16), Jalen Johnson (13), Jonathan Klussmann (13), Branden Maughmer (12) und Nicolas Marty-Decker (10).
Das war alles sehr unkonzentriert und nicht das, was wir besprochen haben. David McCray Trainer HAKRO Merlins Crailsheim