Durch die Linse Neues entdecken

  • Ursula Krauth fotografiert am liebsten die Stadt Schwäbisch Hall und ihre Teilorte. Eine Auswahl der Bilder veröffentlicht sie Jahr für Jahr als Kalender mit dem Titel „So schön ist Schwäbisch Hall“. Foto: Jessica Wolf

Porträt Die Haller Hobbyfotografin Ursula Krauth hat das vierte Jahr in Folge einen Kalender mit ihren eigenen Bildern herausgebracht. Licht und Stimmung sind für ihre Aufnahmen zentral.

Das erste Bild, das für den Januar, sei ihr liebstes, sagt Ursula Krauth beim Durchblättern ihres Kalenders. Es zeigt einen Morgen im Hohenloher Freilandmuseum in Wackershofen: Am rechten Bildrand lehnt ein Fahrrad an einem Brunnen, der Boden ist bedeckt von Raureif und von links scheinen zarte Sonnenstrahlen durch die Szene. Eine besondere Stimmung. Ein ähnliches Foto, das es allerdings nicht in den Kalender geschafft hat, zeigt an diesem Ort vier Gänse, die über den Weg schlendern. Solche Momente seien „total vergänglich“, weiß die Schwäbisch Hallerin. Schnell muss sie auf den Auslöser ihrer Kamera drücken und die Szene festhalten, bevor Tiere oder Sonne wieder verschwinden. „Da klopft mein Herz.“

Den Kopf freibekommen

Sie sei schon immer diejenige gewesen, die im Urlaub die Kamera zückte und die Familienalben gestaltete, erzählt Ursula, genannt Ulla, Krauth. Als Hobby entdeckte sie das Fotografieren aber erst während der Corona-Pandemie für sich. Damals hatte das Geschäft Herrenmode Schumacher in Hall, das sie gemeinsam mit ihrem Mann Steffen Krauth führt, teils wochenlang geschlossen. Die Eheleute gingen dann unter anderem wandern oder Rad fahren – und die Kamera kam mit. Die Hallerin wollte dabei den Kopf freibekommen. „Ich habe den Blick bewusst auf etwas Schönes gerichtet, um nicht meschugge zu gehen“, erklärt sie. Ihre Fotos teilte sie von Beginn an in den sozialen Netzwerken. „Ich glaube, das hat vielen Menschen an ihren Handys auch gutgetan.“

Das Fotografieren begleitet die 56-Jährige seitdem. Und ihre Bilder teilt sie nach wie vor auf Instagram und auf Facebook, insgesamt hat sie rund 13.000 Followerinnen und Follower. Einmal, so erinnert sie sich, wurde sie sogar in der Stadt angesprochen, ob sie denn die Fotografin aus Facebook sei. Ein andermal sei sie in der Bäckerei erkannt worden.

Wenn Ursula Krauth unterwegs ist, hat sie immer ihre Digitalkamera in der Tasche, für den Fall, dass sie über ein Motiv stolpert. Auch jetzt, im Gespräch mit unserer Zeitung, zieht sie das liebgewonnene Gerät aus dem Rucksack. Es ist nur eine kleine Kompaktkamera, keine Spiegelreflex mit verschiedenen Objektiven. Sie sei überhaupt nicht technikaffin, gibt sie zu. Ihr gehe es darum, eine schöne Szene zu finden und sie zu inszenieren. Dabei achte sie besonders auf Licht und Stimmung. Wenn das Licht morgens schon hübsch falle, gehe sie manchmal noch vor der Arbeit fotografieren. Andere Male nehme sie sich bewusst Zeit, um ihrem Hobby nachzugehen. „Wenn ich mit der Kamera losgehe, bin ich wie in einem Tunnel“, erzählt Ursula Krauth. „Das ist Zeit für mich.“

Ein Großteil ihrer Motive, die sie regelmäßig auch ans Haller Tagblatt schickt, zeigt die Stadt. Die Architektur mit den Fachwerkhäusern habe es ihr angetan. „Schwäbisch Hall ist für mich eine Fundgrube“, bringt sie es auf den Punkt. Überall gebe es etwas zu entdecken. Und: „Ich find’s schön, die Stadt aus neuen Blickwinkeln zu betrachten.“ Etwa, wenn sie festhält, wie sich Gebäude in einer Pfütze spiegeln. Immer wieder höre sie Bemerkungen wie: „Jetzt wohne ich schon so lange hier, aber so habe ich die Stadt noch nie gesehen.“

Zwei Verkaufsstellen

Eine Auswahl ihrer Aufnahmen finden sich in ihrem Kalender für 2026. Den gibt es bei Herrenmode Schumacher in der Neuen Straße zu kaufen, außerdem in der Buchhandlung Osiander nur wenige Meter weiter. Es ist schon der vierte Kalender, den Ursula Krauth herausgibt. Die Idee hatte die Fotografin, nachdem sie Bilder für den Kalender der Haller Serviceclubs Lions und Rotary eingereicht hatte und nicht alle gedruckt werden konnten. „Mir hat es leidgetan um die Motive, die nicht reingekommen sind“, erklärt sie. Also machte sie kurzerhand noch einen eigenen.

Die Auswahl zu treffen, sei eine Gratwanderung, sagt Ursula Krauth – die Bilder sollen Ortsfremden die bekannten Kulissen in Hall zeigen und gleichzeitig Einheimischen eine neue Sicht auf die Stadt bieten. Via Whatsapp-Umfrage im Freundeskreis kristallisierten sich die beliebtesten Aufnahmen heraus. Eine Voraussetzung: Die Fotos für den jeweiligen Kalendermonat müssen auch in dem Monat aufgenommen worden sein; eben damit Licht und Stimmung passen.

Ihre Bilder seien für sie „Glücksmomente zum Teilen“, sagt die 56-Jährige. „Ich freue mich über ein Motiv, mache ein Foto und dann freuen sich andere auch.“ Das Herzklopfen, das sie spürt, wenn sie den Auslöser drückt, will sie weitergeben. Dass ihre Aufnahmen am Ende bei den Menschen in Küche, Wohnzimmer oder Flur an der Wand hängen – und das vielleicht schon das zweite, dritte, vierte Jahr in Folge – ist für sie das schönste Kompliment.

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