Neues Hospiz gebaut, gefeiert und gesegnet
Richtfest Ein Jahr nach Spatenstich steht der Rohbau in der Heidenheimer Straße. Beim Tag der offenen Baustelle durfte er auch von innen besichtigt werden.
Hans-Peter Riedmüller streckt seinen Arm über das Baugeländer, löst die Finger vom Weinglas – und lässt es fallen. Zuerst scheppert es, dann ist es einen Augenblick still, bis die ersten Zuschauer zu murmeln beginnen. Der Geschäftsführer der Rechberghausener Baufirma Steeb hat soeben das neue Hospiz in der Heidenheimer Straße geweiht.
Ein Jahr nach dem Spatenstich im Juli 2024 steht der Rohbau. Zum Richtfest und Tag der offenen Baustelle am gestrigen Freitag ziert ihn ein Baum mit bunten Bändern. Klaus Riegert, Vorsitzender des Trägervereins Hospiz im Landkreis Göppingen, zeigt sich zufrieden: Zeit, Kosten und Optik lägen im Plan. Das Tageshospiz mit sechs Plätzen und das stationäre Hospiz mit acht Betten soll im Oktober nächsten Jahres eröffnen. Einen ersten Blick können die Besucherinnen und Besucher an diesem Tag schon ins Gebäude werfen. Auffällig ist die massive Bauweise mit Stahlbeton und Steinen aus Kalksandstein, die laut Architekt Kai Koreck von der Firma Fai Architekten Welz und Partner Wärme speichert und Schall günstig beeinflusst. Große Fenster lassen viel Licht in die Räume.
Hemmschwellen abbauen
„Es fühlt sich schön an“, sagt Marta Alfia, Hospizleiterin. Im Erdgeschoss werden das Tageshospiz mit Aufenthalts- und Ruheräumen sowie die Verwaltung untergebracht. Die oberen Stockwerke sind für die stationären Gäste vorgesehen. Das Konzept Tageshospiz ist in Deutschland noch neu. Es soll die Hemmschwelle für Angehörige und Betroffene abbauen, erklärt Alfia. „Menschen tun sich schwer mit Hospizen“, sagt sie. „Hier haben sie die Möglichkeit, das Hospiz als Gemeinschaft kennenzulernen und sich damit auseinanderzusetzen.“ Gerade für Schwerkranke, denen es schwerfällt, von zu Hause wegzugehen, oder auch für pflegende Angehörige sei das eine wertvolle Erfahrung. Die Hospizleiterin berichtet: „Viele Betroffene und Angehörige sagen uns: Hätten sie gewusst, dass es so schön ist, wären sie früher gekommen.“
Die Suche nach einem neuen Standort begann bereits im Frühjahr 2021. Nach mehreren Optionen fiel die Wahl auf das Gelände der Energieversorgung Filstal in der Heidenheimer Straße, ein früheres Gaswerksgelände. Da der Baugrund teilweise kontaminiert ist, hat das dreigeschossige Gebäude keinen Keller. „Trotz aller Probleme sind wir im Zeitrahmen und im Kostenrahmen geblieben und es hat Spaß gemacht“, resümiert Projektsteuerer und ehemaliger Göppinger Oberbürgermeister Guido Till. Der Bau sei eine „echte Bereicherung“ für Geislingen. Die Stadt sei nicht der Teil des Landkreises, der wirtschaftlich verwöhnt ist. „Wenn das Hospiz auf dem Weg der Gleichgewichtung des Göppinger und Geislinger Raums beitragen kann, haben wir viel erreicht“, sagt Till. Nun müsse noch Geld für die Gestaltung der Außenanlagen gesammelt werden, das sei noch einmal ein „riesiges Brett“.
Prominente Gäste heben am Richtfest die Bedeutung des Hospizes hervor: Landesbauministerin Nicole Razavi sei „verblüfft“, was bereits innerhalb eines Jahres entstanden ist. Das Richtfest stehe für die Anerkennung für die Bauherrschaft und die Handwerker. Das Hospiz symbolisiere Menschlichkeit, Geborgenheit, Nächstenliebe und Frieden mit sich und der Welt. Daran knüpft Landrat Markus Möller an: Der Begriff Hospiz stamme vom lateinischen Hospitium und bedeute Gastfreundlichkeit. Hospize seien Ausdruck der unantastbaren Würde eines Menschen, von der Geburt bis zum Ende eines Lebens. Georg Kolb, ehrenamtlicher Geschäftsführer des Vereins Hospiz im Landkreis Göppingen, betont: „Wichtig für uns ist, dass sich Menschen nicht erst im letzten Moment, sondern frühzeitig mit dem Thema Sterben auseinandersetzen.“
Drei Schlücke Wein
„Nun täten wir noch manches wissen, von baubezogenen Vorkommnissen“, dichtet Hans-Peter Riedmüller von der Baufirma Steeb in seinem Richtspruch. „Aber was soll das lange Gered, gefeiert wird heut, dass der Rohbau steht.“ Er nimmt drei Schlücke Wein: für die Bauherrschaft, die Planer und die Bauleute. Dann lässt er sein Glas auf dem Boden zersplittern. Das gilt der Tradition nach als gutes Zeichen.
Trotz aller Probleme sind wir im Zeitrahmen und im Kostenrahmen geblieben. Guido Till Projektsteuerer