Virtuose Eskapaden
Musik Unprätentiös, zupackend, aber auch einfühlsam: Der Pianist Ido Ramot begeistert in der – leider spärlich besetzten – Geislinger Jahnhalle die Besucher des Kulturvereinskonzertes.
Beethoven, Schubert, Liszt, Komponistennamen, die Liebhaber von Klaviermusik ansprechen müssten, hatte das Konzert des Geislinger Kulturvereins für Donnerstagabend angekündigt. Die Jahnhalle war jedoch nicht gerade üppig besetzt, als sich der Pianist Ido Ramot ans Instrument setzte, um sogleich mit einem Donnerschlag aufzuwarten. In einer für Beethoven typischen Manier wurden damit dessen sogenannten Eroica-Variationen op. 35 eröffnet.
Das Thema aus einem seiner früheren Werke verwendete der Komponist später auch im Schlusssatz seiner dritten, Eroica genannten Sinfonie – daher der Name. Unprätentiös, aber kräftig zupackend, ging der Pianist die 15 Variationen an, sorgte für starke dynamische Spannung und meisterte, ja genoss geradezu höchst virtuose Eskapaden. Zwischendurch gab es klug angestaute Verharrungsmomente, die Moll-Variation erzeugte tiefe Besinnlichkeit, und der Beethoven’sche Humor kam auch nicht zu kurz. Die abschließende Fuge behielt dann nicht das letzte Wort, sondern ihr folgte noch ein ruhiger, heiterer Ausklang.
Auch Franz Schubert griff in seinen Kompositionen öfter auf frühere Einfälle zurück. So nahm er sein Lied „Der Wanderer“ zur Grundlage seiner Fantasie C-Dur op. 15, welche deshalb „Wandererfantasie“ genannt wird und deren hohe pianistische Ansprüche dem Komponisten den Ausruf entlockt haben sollen: „Der Teufel soll dieses Zeug spielen!“
Ein geeigneter Teufelskerl fand sich in Ido Ramot, der dem Stück nicht nur in technischer Hinsicht gewachsen war, sondern mit seiner Wiedergabe auch die einkomponierten Gemütszustände zu schildern wusste. Ein Beispiel nur. Nach dem starken Auftrumpfen des ersten Satzes lässt sich das folgende Adagio-Motiv rein musikalisch als leichte, fröhliche Weise darbieten; Ido Ramot aber denkt den dazugehörigen Liedtext mit, in dem es heißt: „Die Sonne dünkt mich hier so kalt“, und gibt der Stelle mit dumpf dräuendem Bass eine extreme Schwere, die bereits auf die niederschmetternden Schlussworte zu verweisen scheint: „Dort, wo du nicht bist, dort ist das Glück!“
Arthur Honeggers Orchesterstück „Pacific 231“ verwendet als Titel den Namen einer legendären amerikanischen Dampflokomotive. Ido Ramot bot das Stück in einer Klavierinterpretation dar und nutzte die Vorstellung des Anfahrens oder hoher Geschwindigkeit oder des Abbremsens zu kräftigen, meist eilenden und stark rhythmisch bestimmten Klangbildern.
In seiner einzigen Klaviersonate lässt Franz Liszt wie in Schuberts Wandererfantasie die Sätze ohne Pause ineinander übergehen und arbeitet mit durch das ganze Werk sich hindurchziehenden, von Tonrepetitionen geprägten Themen. Der Pianist bot plausible Lösungen für die häufigen Übergangssituationen, und das Themenmaterial formte sich unter seinen Händen zu weiten, tragfähigen Bögen; die Vorbereitung eines dreistimmigen Fugatos war vom Feinsten und ein lyrisch abrundender Schluss führte zu großer Ruhe. Als Dank für den Riesenbeifall gab’s noch eine kecke Improvisation über ein aus dem Publikum zugerufenes Abendlied.