Einbrecherbande vor Gericht
Prozess Im Herbst 2023 trieben sie in Geislingen ihr Unwesen, jetzt müssen sich drei Männer vor Gericht verantworten. Zum ersten Verhandlungstag kamen 13 Zeugen.
Das Geislinger Allianz-Büro, die TVA-Gaststätte, die Bar Adria, die Schubart-Realschule, die Lindenschule, die Realschule in Deggingen, die Franz-Xaver-Messerschmidt-Schule in Wiesensteig, die Metzgerei Reichart, der städtische Kindergarten in der Wiesentalstraße, eine private Garage sowie die Outlets des Porzellanladens Kahla und des Gebäckherstellers de Beukelaer im Geislinger City-Outlet haben eines gemeinsam: Bei ihnen allen wurde im Herbst 2023 eingebrochen. Beim Outlet des Gartenbaugeschäfts Gardena blieb es beim Versuch. Drei Männer aus Geislingen im Alter von 19, 20 und 21 Jahren müssen sich nun vor dem Amtsgericht Göppingen dafür verantworten.
Schweigend, die Arme verschränkt, sitzen die Angeklagten am ersten Verhandlungstag im Gerichtssaal. Mit leeren Blicken starren sie in den Raum, verziehen kaum eine Miene, während der Staatsanwalt die Anklage vorliest.
20-Jähriger bereut seine Taten
Der Staatsanwalt wirft ihnen unter anderem schweren Bandendiebstahl vor. In unterschiedlichen Konstellationen sollen sie im Oktober und November 2023 mehrere Einbrüche und Diebstähle im Raum Geislingen begangen haben. Das Diebesgut hätten sie als dauerhafte Einnahmequelle genutzt. Meist hätten sie nachts oder in den frühen Morgenstunden zugeschlagen, drangen über Türen oder Fenster ein, durchwühlten Schränke, nahmen Bargeld und Wertgegenstände mit. Teils sei der Sachschaden größer als die Beute gewesen.
Zum Zeitpunkt der Verhandlung Mitte Oktober 2025 sind alle drei Männer arbeitslos. Zwei haben Aussicht auf eine Stelle, bisher unterstützen sie Angehörige. Einer lebt in einer eigenen kleinen Wohnung, die anderen bei der Familie.
Während der 19-Jährige schweigt, räumt der 20-Jährige über seinen Verteidiger mehrere Einbrüche ein. Laut der verlesenen Einlassung sei er am Einbruch in die TVA-Gaststätte beteiligt gewesen, habe Türen aufgebrochen und einen Geldbeutel mit Bargeld entwendet. Auch den Einbruch in die Lindenschule gesteht er: Nach dem Einschlagen einer Scheibe sei er ins Innere gelangt, habe vergeblich versucht, einen Tresor zu öffnen, und habe eine Musikbox mitgenommen. Zudem sei er am Einbruch in der Realschule in Deggingen beteiligt gewesen, wo er durch ein Fenster einstieg und Geld aus der Kaffee- und der Wechselkasse sowie einen Geldbeutel klaute. Er bereue seine Taten und bitte um Entschuldigung.
Der Anwalt des 21-Jährigen bezog sich lediglich auf einen Vorwurf: Sein Mandant soll Anfang des Jahres in Bad Ditzenbach einen Mann geschlagen haben, der daraufhin an der Nase operiert werden musste. Dem Angeklagten zufolge habe es zwar eine Rangelei gegeben, allerdings behauptet er, den Mann nicht an der Nase getroffen zu haben. Das sei eine andere Person gewesen.
15 Zeugen lädt Richter Heiner Buchele an diesem Tag vor, 13 von ihnen erscheinen. Unter ihnen Geschädigte, Beobachter und Freunde der Angeklagten. Die Geschädigten und Beobachter erinnern sich noch genau an die Ereignisse vor zwei Jahren, bei den Bekannten der Angeklagten ist das anders.
Eine Zeugin berichtet, sie habe die Jugendlichen eines frühen Septembermorgens vor zwei Jahren bemerkt, als sie mit ihrem Hund spazieren war. Sie habe ein Klopfen und ein Rascheln im Gebüsch wahrgenommen, dann seien die jungen Männer aufgetaucht. Vor ihrem Passat sei ein Roller gestanden, dessen Kennzeichen sie sich notierte. Als die Jugendlichen wegfuhren, habe die Frau bemerkt, dass die Jugendlichen das Moped ihres Nachbarn gestohlen hatten.
Tasche mit Diebesgut
Auch der Eigentümer des Rollers sagt aus. Das Fahrzeug sei ihm Ende September mitsamt Helm und Anhänger geklaut worden. Drei Tage später habe er den Anhänger in einer Böschung gefunden. Sein Roller, den ihm die Polizei wieder aushändigte, sei ein Totalschaden gewesen.
Ein weiterer Zeuge schildert, wie er Jugendliche beim Eindringen in eine Garage beobachtete, in der teure Fahrräder gestanden seien. „Was mich stutzig gemacht hat: Sie haben das Garagentor hinter sich zugezogen“, berichtet er. Er habe seine Frau angewiesen, die Polizei zu rufen, sei selbst zur Garage gelaufen und habe sie von außen verriegelt, bis die Beamten eintrafen.
Weniger klar sind die Aussagen eines 20-Jährigen, der für einen Angeklagten eine Tasche mit Diebesgut zum Haus von dessen Vater transportiert haben soll. Er behauptet, er habe sie auf einem Fahrradweg übergeben bekommen, ohne den Inhalt zu kennen. Richter Buchele hält ihm jedoch vor, er habe vor zwei Jahren bei der Polizei ausgesagt, er sei bei seinem Freund in der Wohnung gewesen und habe von dort die Tasche mitgenommen. Nach dem Hinweis auf die Strafbarkeit einer Falschaussage räumt der Zeuge schließlich ein, dass seine frühere Aussage stimmte. Trotz mehrfacher Nachfrage beteuert er, nichts von dem Diebesgut gewusst zu haben.
Auch eine 16-jährige Zeugin zeigt Erinnerungslücken. Zur Zeit der Einbrüche war sie mit einem der Angeklagten befreundet. Wie genau sie von den Einbrüchen erfahren hatte, in wie viele und welche Schulen und mit wem der Freund eingebrochen sei, konnte sie vor Gericht trotzdem nicht mehr sicher sagen. Auf die Fragen des Richters reagiert sie zögerlich, schweigt oft. „Zeugen mit Nähe zu den Angeklagten schauen in die Ecken, ringen um Worte – das ist auffällig“, kommentiert der Richter. Während er anhand von Chatverläufen versucht, mehr Informationen aus der Jugendlichen herauszubekommen, blickt sie nach unten auf den Tisch. Der angeklagte, ehemalige Kumpel streicht sich immer wieder mit der Hand übers Gesicht.
Mit dem 13. Zeugen endete der Verhandlungstag. Zwei weitere Tage sind am Amtsgericht Göppingen angesetzt: am 21. und 23. Oktober, jeweils ab 9 Uhr.