Stolz, dem Land zu dienen
Bundeswehr Während über das neue Wehrdienstgesetz debattiert wird, leistet Sarah in Laupheim seit fast zwei Jahren freiwillig Dienst. Ein Kasernenbesuch.
Laupheim, Kaserne des Hubschraubergeschwaders 64 der Bundeswehr (HSG 64). An der Pforte hängt eine schlichte, weiße Hinweistafel. „Gefährdungsstufe ALPHA“ steht darauf. Solch ein Hinweis hängt an allen Kasernen in Deutschland. Er steht für die niedrigste Gefährdungsstufe: Der Dienst läuft „im Grundbetrieb“, doch eine abstrakte Bedrohung, etwa durch Anschläge oder Sabotage, wird nicht ausgeschlossen.
An diesem Oktobertag herrscht hinter dem Zaun also ALPHA-Routine: Fahrzeuge rollen über den Asphalt, ein Hubschrauber röhrt laut, Soldatinnen und Soldaten gehen ihren Aufgaben nach. Eine von ihnen ist Sarah – aus Sicherheitsgründen verrät die Bundeswehr ihren Nachnamen nicht. Die 20-Jährige absolviert momentan einen freiwilligen Wehrdienst bei der Luftwaffe. Die langen braunen Haare hat sie zu einem Zopf gebunden, dazu trägt sie dezente Silberohrringe. Wie alle ist sie in Uniform: grün-braunes Tarnmuster, auf den Ärmeln die kleine Deutschlandflagge, dazu braune Stiefel. „Das sind die leichten“, erklärt die Soldatin und deutet nach unten. Das schwarze Modell, sagt sie, sei schwerer – und fürs Gelände gedacht.
Sarah hat beide Seiten kennengelernt, über die Deutschland in der Wehrpflichtdebatte gerade diskutiert: Zuerst absolvierte sie nach der Schule ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in einem Waldkindergarten, danach begann sie ihren freiwilligen Wehrdienst. Politisch äußern möchte sie sich zur aktuellen Debatte nicht, teilt an dieser Stelle jedoch ihre persönliche Erfahrung beim Bund.
In Laupheim arbeitet die Hauptgefreite im Büro, arbeitet ihrem Vorgesetzten zu, koordiniert Termine. Ihr mache die Aufgabe Spaß. „Jede Aufgabe bei der Bundeswehr ist wichtig“, sagt sie. Von Montag bis Freitag wohnt sie in der Kaserne, ihre „Stube“ teilt sie mit einer Kameradin. Dienstbeginn ist um 7 Uhr, Feierabend gegen 16.30 Uhr. Am Wochenende fährt sie in die Heimat. Eigentlich wollte sie nur sieben Monate bleiben, inzwischen sind es fast zwei Jahre. Bis Ende Februar wird ihr Dienst noch dauern, dann hat sie mehr als 24 Monate in Uniform verbracht. Warum? „Mein Bruder war mein Vorbild“, antwortet sie. Nach der Schule habe sie nicht gewusst, welchen Weg sie einschlagen wollte – also machte sie zunächst das FSJ. Danach wusste sie immerhin eines: Erzieherin will sie nicht werden. Inspiriert von ihrem älteren Bruder, der Soldat ist, entschied sie sich für einen zweiten Freiwilligendienst, diesmal bei der Bundeswehr. „Es ist kein gewöhnlicher Job“, begründet sie. „Er erfordert Überzeugung.“ Und: Er wird gut bezahlt. Während man in einem FSJ lediglich ein Taschengeld von etwa 400 Euro im Monat erhält, sind es im Wehrdienst zum Einstieg brutto rund 1900 Euro – plus Zulagen.
Ausbildung nach Bundeswehr
Doch zunächst galt es, die dreimonatige Grundausbildung zu überstehen. Körperlich sei sie hier an und über ihre Grenzen gebracht worden – wie alle anderen. Den schweren Rucksack schultern, Kilometer um Kilometer laufen, schwitzen, weitermachen. Doch schwerer sei vor allem die Entfernung zur Familie gewesen. Manchmal habe sie mit dem Gedanken gespielt, den Dienst abzubrechen. „Aber meine Familie hat mich da rausgeholt“, erzählt Sarah und lächelt.
Noch heute vermisse sie manchmal ihre Kameradinnen und Kameraden aus dieser Zeit. In der Grundausbildung wachse man als Gruppe eng zusammen. Wenn einer nicht mehr kann, fängt die Gruppe ihn auf. Diese sei nun einmal nur so stark wie ihr schwächstes Glied. „Wir sind beim Militär, da geht’s manchmal strenger zu“, räumt Sarah ein. „Wir sind aber alle Menschen.“ Diese ausgeprägte Kameradschaft sei eines der zentralen Dinge, die sie mitnehme. Denn vorerst wolle sie danach wieder in ihr „ziviles Leben eintauchen“ und voraussichtlich eine Ausbildung in der Verwaltung machen. Eine Rückkehr zum Bund schließt sie aber nicht aus.
Doch reichen all die „schönen Erfahrungen“ aus, um die Entbehrungen und die Kraft aufzubringen, die im Ernstfall von ihr verlangt würden? „Klar ist es auch eine gewisse Überwindung, die militärische Richtung einzuschlagen“, antwortet Sarah. „Man muss wissen, wofür man unterschreibt und mit seinem Gewissen vereinbaren können.“ Was der Gedanke an Krieg mit ihr mache? „Das ist der Eid, den man ablegt: Deutschland und das Grundgesetz zu verteidigen“, antwortet sie. All das war ausschlaggebend, zum Bund zu gehen. „Natürlich bin ich stolz, meinem Land zu dienen“, sagt sie bestimmt. „Es ist eine riesengroße Ehre.“