Es geht nicht um das Konzept, es geht um den Standort

  • Am 9. November geht es in Bad Urach in einem Bürgerentscheid um die Ansiedlung eines Amazon-Verteilzentrums auf der Albhochfläche bei Hengen. Richard Vogel

Es geht nicht um das nicht unumstrittene Amazon-Konzept, wobei darüber dringend zu sprechen wäre, es geht lediglich um die Entscheidung der Uracher Bürgerschaft, ob Amazon in Hengen ein etwa 40.000 Quadratmeter großes Verteilungscenter bauen darf oder nicht.

Fakt ist, dass der traditionelle Einzelhandel dem erfolgreichen, nahezu genialen Amazon-Konzept im Augenblick nichts entgegenzusetzen hat, von Ausnahmen mal abgesehen.

Fakt ist auch, dass mehr denn je „König Kunde“ keine Wahl mehr haben wird, als im Onlinehandel die gewünschte Ware zu kaufen, schon weil es den bisher gewohnten, stationären Einzelhandel in Zukunft kaum noch geben wird. Zwangsläufig gelangen somit die gesamten Umsätze bei den Internethändlern, wobei der Löwenanteil der Umsätze immer auf den Konten von Amazon landen wird.

Dass insbesondere Amazon verantwortlich ist für viele Ladenleerstände, für leere und trostlose Innenstädte, schwindende Attraktivität, den Verlust von Arbeitsplätzen ist im Moment „leider“ nicht das Thema. Auch nicht die Tatsache, dass Amazon, wie auch die anderen gigantischen Tech-Konzerne aus Amerika wie Google, Apple, Microsoft usw. sich mit raffinierten Methoden permanent „arm rechnen“, um Steuerzahlungen möglichst zu vermeiden, was dann leider auch gelingt.

Jedenfalls entscheidet Amazon allein und eigenmächtig, ob und wie viel Gewerbesteuer letzten Endes Bad Urach bekommt.

Es geht am 9. November ausschließlich um die Entscheidung der Uracher Bürger und Bürgerinnen, ob Amazon sich in Hengen niederlassen kann oder nicht.

Wie viele Bürger unserer Stadt, bin auch ich der Ansicht, dass das erhöhte Verkehrsaufkommen, täglich zusätzlich etwa 6000 Fahrzeuge (unter anderem Subunternehmer, andere Paketlieferanten) in der Region nicht zu akzeptieren ist, weil die damit einhergehenden Immissionen für niemanden zumutbar sind.

Insbesondere die Bürgerschaft von Hengen, Wittlingen und Seeburg wird dem Lärm, dem Schmutz, den Erschütterungen und den Schadstoffen schutzlos ausgeliefert sein.

Für völlig unangebracht halte ich die Aussagen einiger Gemeinderäte, die den Bürgerinnen und Bürgern der betroffenen Gemeinden suggerieren wollen, dass die künftigen Immissionen „eigentlich als zumutbar, annehmbar und tolerierbar“ zu sehen sind.

Was die etwa 150 entstehenden Arbeitsplätze anbelangt, bin ich jedenfalls skeptisch. Wenn es einem Unternehmen gelingt, Personalkosten einzusparen, dann ist dies bei Amazon der Fall. Durch den Einsatz von „Künstlicher Intelligenz“ auf allen Ebenen, wird der Siegeszug von Amazon noch „triumphaler“ werden. Natürlich ist die Schaffung von 150 Arbeitsplätzen eine gute Sache, angesichts der Mitarbeiterzahl, zum Beispiel bei örtlichen Bäckerei-Betrieben, ist hier eine Relativierung bei Amazon aber angebracht.

Amazon hat im letzten Jahr einen unglaublichen Gewinn von 60 Milliarden US-Dollar erzielt, somit müssten sie eigentlich finanziell in der Lage sein, an der Autobahn entlang ihre Hüttenwerke zu errichten.

Schlussendlich stimmt jeder Bürger und jeder Bürgerin nach seinen persönlichen Kriterien ab. Bemerken möchte ich dennoch, dass ein überzeugter Stammkunde von Amazon sehr wohl seine Stimme den Gegnern des Amazon-Vorhabens geben kann, warum denn nicht? Es geht ja nicht um das Geschäftsmodell von Amazon, sondern um die Zustimmung oder Ablehnung des Projekts an diesem Standort.

Jedenfalls „passt“ diese riesengroße Amazon-Niederlassung nicht in unsere Gegend!

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