Verschachtelt und verzwickt
TV-Krimi Im neuen „Polizeiruf 110“ müssen die Ermittler aus Rostock zwei miteinander zusammenhängende Fälle mit drei Toten aufklären.
Für Volker Thiesler kommt es knüppeldick: Erst wird der Kommissar von einer jungen Frau angeschossen, was ihm einen schweren Hüftschaden mit all seinen Folgen einbringt. Dann muss der von Josef Heynert gespielte Ermittler auch noch aus nächster Nähe mitansehen, wie sich die 19-jährige Lara selber erschießt, was ihm schlimme Albträume und schlaflose Nächte bereitet. Der neue Film aus der Krimireihe „Polizeiruf 110“ zeigt am Beispiel Thieslers, welch verheerende physische und psychische Folgen Gewaltausbrüche für die Einsatzkräfte haben können.
Doch auch in anderer Hinsicht gehen Drehbuchautor Florian Oeller und Regisseur Max Gleschinski ans Eingemachte: Der mit einprägsamen Bildern und einem guten Blick für Details ausgestattete Sonntagskrimi „Polizeiruf 110: Tu es!“ (19.10., Das Erste) über zwei miteinander zusammenhängende Fälle mit drei Toten punktet mit einer kunstvoll verschachtelten Story, bei der neben Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Melly Böwe (Lina Beckmann) auch die anderen drei Ermittler des Polizeipräsidiums in Rostock etwas zu tun haben, und in denen es um Verzweiflung, Einsamkeit und den Generationenkonflikt geht.
Ein junger Mann ersticht zu Beginn des Krimis in der Rostocker Innenstadt eine Geschäftsreisende und bringt sich anschließend selber um, kurz zuvor erhielt er eine SMS mit der Aufforderung „Tu es!“. Die Nachricht stammt von dem Lehrer Felix Lange (klasse: Sebastian Jakob Doppelbauer), der allerdings vehement bestreitet, dass er etwas mit der Bluttat zu tun hat. Da Lange aber auch Kontakt zu der jungen Selbstmörderin Lara hatte, liegt für die Ermittler die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Pädagogen um den sadistischen Psychopathen mit dem Decknamen „Wintersonne“ handeln könnte, der seit geraumer Zeit im Internet Jugendliche und junge Erwachsene zum Suizid aufstachelt. Doch die Beweislage ist für einen Haftbefehl zu dünn, und so bleibt der Lehrer für Deutsch und Sport auf freiem Fuß.
Felix Lange gilt an seiner Schule als engagierter und bei Kollegen wie Schülern beliebter Pädagoge, der sich in seinem Unterricht für Werte wie Zusammenhalt und Mitgefühl starkmacht. Privat kümmert er sich um seine demente Mutter, die in einem Pflegeheim untergebracht ist, und grübelt in seiner kleinen Wohnung über den Lauf der Welt. Doch was hat Lange mit der selbstgebastelten Sprengstoffweste vor, die an einer Tür hängt, und vor allem: Ist er die ominöse „Wintersonne“, die junge Leute im Internet in den Suizid treibt? Katrin König und Melly Böwe, deren kompliziertes Privatleben in diesem Krimi fortgeschrieben wird, haben alle Hände voll zu tun, das überaus verzwickte Rätsel zu lösen.
Einziges Manko dieses überzeugenden Falls: Wer sich bei den verwickelten privaten Malaisen der beiden Kommissarinnen König und Böwe nicht so genau auskennt – die eine nähert sich ihrem vor kurzem wieder aufgetauchten Vater an, die andere hat Stress mit ihrer Tochter und sucht den Mann, der sie einst vergewaltigte –, dürfte sich zuweilen etwas im Stich gelassen fühlen und muss sich den ein oder anderen Zusammenhang selber zusammenreimen.