Wer schreit, hat Unrecht

  • Peter Kiedaisch. Thomas Kiehl

Das wird ungemütlich heute. Die AfD lädt ein zum sogenannten Bürgerdialog nach Balingen, wo es in der Eberthalle um durchaus streitbare Themen geht, etwa um Energiepolitik, um das Heizungsgesetz und um die innere Sicherheit. Draußen vor der Tür treffen sich Menschen, die ein Gegenangebot zu den AfD-Standpunkten anbieten. Der Ortsverband der Grünen und der SPD-Ortsverein haben dazu aufgerufen. Um, wie sie in einer gemeinsamen Erklärung betonen, all diejenigen ansprechen zu wollen, „die den Kurs der AfD nicht gut finden, die mit der Rhetorik und dem Verhalten nicht einverstanden sind“. Ungemütlich wird es gerne mal, wenn konträre Meinungen aufeinandertreffen, wobei SPD und Grüne betonen, eben keine konfrontative Versammlung zu planen. Sie wollen deutlich machen, „was die Mehrheitsmeinung ist und was gute Antworten auf die Herausforderungen der Zeit sind“.

Zunächst ist es kein unredliches Ansinnen der AfD, mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Keines der von ihr aufgegriffenen Themen ist tabuisiert, zum Glück nicht. Über alles darf diskutiert und gestritten werden. Entscheidend ist, wie das geschieht. Die AfD hat in dieser Hinsicht, gelinde gesagt, nicht nur ein Image-Problem, sie liegt verbal oftmals so daneben, dass beispielsweise der hessische AfD-Landesverband dieser Tage vom Verwaltungsgericht Wiesbaden als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wurde. Weil die in dieser Partei verwendete Sprache oftmals menschenverachtend ist. Und zwar um ihrer selbst willen. Um Missgunst unter die Menschen zu bringen. Das Verwaltungsgericht spricht gar von Hass. So gut es der AfD gelingen mag, Themen aufzugreifen, über die die vermeintlich einfachen Leute nicht offen reden wollen, so tölpelhaft wirken ihre Lösungsansätze, die oftmals das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Und wer nicht recht hat, schreit. Das ist, leicht abgewandelt, ein geflügeltes Wort, in dem viel Wahres steckt.

Interessant, dass die AfD zu ihrem Bürgerdialog ausgerechnet in die Eberthalle einlädt. In eine Halle, die den Namen eines SPD-Politikers trägt, dem als erstem Reichspräsidenten eine entscheidende Rolle bei der Gründung der Republik zuteilwurde. Andererseits passt der Ort irgendwie doch: Ebert war zwar an der Einführung der Demokratie maßgeblich beteiligt. Hat aber auch damit verbundene innere Konflikte zu verantworten. So ließ er etwa kommunistische Aufstände durch paramilitärische Einheiten wie die Freikorps niederschlagen. Solche Konflikte werden wir heute hoffentlich nicht erleben.

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