Teuer und ineffizient?
Länger arbeiten soll attraktiver werden, vor allem finanziell. So der Plan der Bundesregierung. Doch der geplante Steuerfreibetrag kostet den Staat Milliarden – und die Effekte sind fraglich. Zumal einige Gruppen ausgeschlossen sind.
Die Bundesregierung will Arbeiten im Alter attraktiver machen. Der Koalitionsausschuss von CDU/CSU und SPD hat sich darauf geeinigt, dass ab dem 1. Januar 2026 regulär sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Erreichen der Regelaltersgrenze einen Steuerfreibetrag von 2000 Euro erhalten. Steuerfrei heißt dabei nicht abgabenfrei – auf Arbeitnehmerseite werden weiterhin Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung anfallen, die Arbeitgeber zahlen dazu auch noch weiter ihre Anteile für die Renten- und die Arbeitslosenversicherung.
Schon als die Pläne zum ersten Mal vorgestellt wurden, war die Skepsis groß. „Zunächst senkt die Aktivrente die Steuerlast für jene, die bereits im Rentenalter arbeiten, was zu unmittelbaren Mindereinnahmen bei der Einkommensteuer führt“, sagt Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
Das Finanzministerium rechnet mit Kosten für den Staat von etwa 800 Millionen Euro pro Jahr. Simulationen des DIW zeigten zudem, dass ein Beschäftigungsanstieg von etwa 40.000 sogenannten Vollzeitäquivalenten notwendig ist, um die negativen steuerlichen Effekte auszugleichen. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schätzt die Mitnahmeeffekte bei jetzt schon im Alter Arbeitenden sogar noch deutlich höher, auf mindestens 2,8 Milliarden Euro.
Dabei sei überhaupt fraglich, ob die finanziellen Anreize zu höherer Erwerbstätigkeit führten. Eine Datenauswertung zeige, dass finanzielle Gründe unter den Motiven in der Erwerbstätigkeit von Älteren derzeit eine untergeordnete Rolle spielten, sagt Haan. „Der am häufigsten genannte Grund, im Alter erwerbstätig zu sein, ist mit 27 Prozent Spaß bei der Arbeit“, erklärt der Ökonom.
Auch verfassungsrechtliche Bedenken an der „Aktivrente“ sind bekannt: Selbstständige sind von der Regelung laut Koalitionsplänen ausgenommen – das verstoße gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, warnte schon ein IW-Forschungsteam. Es sei auch fraglich, ob nach Alter diskriminiert werden darf und jüngeren Personen der Steuerfreibetrag nicht gewährt wird, sagt Ökonom Haan.
Die Linke sieht das Vorhaben ebenfalls kritisch. Längeres Arbeiten als attraktiv zu verkaufen, finde er „schäbig“, sagte der Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann zu dieser Zeitung. „Selbstständige, Minijobber und Menschen in körperlich harten Berufen haben davon gar nichts“, kritisierte er.
Die Linke sieht das Vorhaben kritisch.