Von Blutstropfen und Vorbürgerkrieg

  • AfD lädt zum Bürgerdialog mit 160 Besuchern, zur Gegendemo kommen 200 Menschen. Jürgen Herdin
  • Joachim Steyer am Rednerpult. Jürgen Herdin

Demonstration 200 Menschen haben sich am Samstagabend getroffen, um friedlich gegen die Politik der AfD und deren Treffen in der Eberthalle zu protestieren. Zur AfD kamen 160 Interessierte.

Flagge zeigen gegen Rechtsextremismus und Rassismus: Rund 200 Menschen versammelten sich am späten Samstagnachmittag in der Ebertstraße, um gegen die Politik der AfD zu protestieren. Deren Veranstaltung „Bürgerdialog“ mit Landtagsabgeordneten fand gerade einmal 100 Meter entfernt statt – in der Eberthalle.

Genau 164 Anhänger der deutschnationalen Populisten waren dorthin gekommen, die Polizei hatte nach eigenem Bekunden genau nachgezählt. Alles blieb friedlich, zu einer direkten Konfrontation kam es nicht. Rund 20 Polizeibeamte sicherten die beiden Treffen.

AfD ist nicht die Lösung

Neun Redner hatten sich auf der Bühne neben dem Balinger Büro des SPD-Bundestagsabgeordneten Robin Mesarosch versammelt. Laut Mitteilung sollte das Treffen ein Gegenangebot zur AfD-Versammlung sein. Unter der Losung „die AfD ist nicht die Lösung“ ging es vor allem um die potenziellen Gefahren für die Demokratie, die von der AfD ausgingen. Die SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Dorothea Kliche-Behnke sagte: „Die AfD schadet unserem Land, wir wissen, dass die größte Gefahr für unsere Demokratie der Rechtsextremismus ist.“ Cindy Holmberg, die Grünen-Landtagsabgeordnete im Wahlkreis Hechingen-Münsingen beklagte die „Angriffe und Hasskommentare“ in den sozialen Medien – vor allem gegen Grüne-Politikerinnen und den Finanzminister des Landes, Danyal Bayaz.

Veranstaltet worden war das Treffen vom Ortsverband Balingen der B90/Die Grünen und dem SPD-Ortsverein Balingen, unterstützt von den Gewerkschaften. Es moderierte Angela Godawa. Es sprachen unter anderem die 16-jährige Loo von der „Alb-Offensive gegen Rechts“ – sowie Klaus Peter Manz vom SPD-Kreisvorstand, der auch Gewerkschafter der IG Metall ist. Peter Demmer ging für die „Initiative gegen rechts aus Albstadt“ vors Mikrofon; ebenso David Knoblich, der Co-Vorsitzende der Grünen in Balingen – sowie Dominik „Dome“ Ochs vom Balinger Ortsverband der SPD. Mit von der Partie war auch der hiesige SPD-Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch.

Nicht in den Gemeinderat

Ochs rief dazu auf, als breites Bündnis mit viel Überzeugungsarbeit „alles zu tun, damit die AfD 2024 nicht in den Balinger Gemeinderat einzieht“. Klaus Peter Manz ergänzte mit Blick auf das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes: „Jetzt ist die Zeit, da wir Flagge zeigen müssen, um unsere Demokratie zu verteidigen“. Mesarosch betonte, dass die AfD eben nicht, wie sie sagt, „die Partei der kleinen Leute“ sei. „Vielmehr stimmte sie im Bundestag gegen den höheren Mindestlohn“, so Mesarosch. „Die AfD unterteilt außerdem Menschen in erste, zweite oder gar dritte Klasse“. Und da gebe es auch Schubladen für angeblich „wertlose Menschen“.

Gegenstand der Demo in der Balinger Ebertstraße sei jedoch vor allem, dass die sich weiter radikalisierende AfD „gefährlich ist für die Menschen im Lande, egal wie wir aussehen oder heißen – oder was wir tun.“

Rund 100 Meter weiter, in der Eberthalle, traf sich um 18 Uhr diese „Alternative für Deutschland“. Deren Thüringer Landeschef Björn Höcke sagte unlängst: „Jetzt wird der Ernstfall offenkundig, jetzt sind wir in das Stadium des Vorbürgerkriegs eingetreten. Und wenn es hart auf hart kommt, dann werden wir uns erkennen.“ Mehr oder minder bereits bekannt sind die AfD-Landtagsabgeordneten Anton Baron, Joachim Steyer und Hans-Peter Hörner. Sie sprachen beim „Bürgerdialog“ der AfD-Landtagsfraktion ebenso wie der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hess.

Beklagt wurde erneut die Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz, wobei Joachim Steyer meint, dass die Gefahren anderswo beheimatet seien. Mit Blick auf die Gegendemo sagte er: „Ich hoffe, der Verfassungsschutz macht heute noch einen Ausflug zu den Links-Demonstranten, weil da sind die eigentlichen verfassungswidrigen Menschen“. Die Hauptthemen des Abends waren die Energiepolitik, das Heizungsgesetz, die innere Sicherheit – und die Arbeit der AfD im Landtag. So giftete der Abgeordnete Hans-Peter Hörner gegen die Image-Kampagne „The Länd“. Das heiße „Land“. Hörner sagte: „Und für dieses Land rentiert es sich, einzustehen – bis zum letzten Blutstropfen“.

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