Retter ungewöhnlicher Texte

  • „Refugien“ mit Verleger Paul Klingenberg auf dem Schwal. Foto: Matthias Kessler

Literatur unter Bäumen Heiterer Saisonauftakt mit dem Grazer Verleger Paul Klingenberg. Humoristische Prüfungskunde schlägt ein.

Refugien? Wer oder was soll hier gerettet werden? Natürlich Bücher! So versteht jedenfalls Verleger Paul Klingenberg aus Graz die Mission seines unabhängigen Klingenberg-Verlags, der in der steirischen Landesmetropole beheimatet ist. Mit Klingenberg, der am Donnerstagabend trotz Anreise mit der Bahn pünktlich erschienen war, feierte die etablierte Reihe „Literatur unter Bäumen“ einen heiteren Saisonauftakt.

Seit sieben Jahren schon kommen Verleger „abseits der Bestsellerlisten“ auf dem Neu-Ulmer Schwal mit Florian L. Arnold ins Gespräch, finden vorgetragene Buchauszüge (diesmal von Edith Erhardt, Theaterei Herrlingen) musikalische Kontrapunkte (angenehm zurückhaltend vom Dominik Wiedenmann Duo).

Klingenberg, ein sympathischer jüngerer Mann nicht ohne den gewissen Schmäh, der sich schon mal gern von herumalbernden Teernagern am Donauufer ablenken lässt oder darüber laut nachdenkt, ob er einen heruntergefallenen Handzettel vor den Augen des Publikums aufheben solle, ist niemand, dem verlegerisches Wissen in die Wiege gelegt worden wäre. „Ich war nur Leser, Verlage haben mich nie interessiert.“ Einen Text seines 2016 verstorbenen Vaters Georg, Professor für Römisches Recht, wollte er unbedingt veröffentlichen. Dessen humoristische „Prüfungskunde. Ein Leitfaden für Geprüfte und Prüfer“ schlug ein.

„Was mit einem Buch gut klappt, gelingt mit vielen noch besser“, dachte sich Klingenberg, der gerne mehr Zeit zum Lesen eingereichter Manuskripte hätte, und nun kann der Verlag auf sieben Jahre und 27 Veröffentlichungen zurückblicken. Gerettet werden hier nicht etwa verschollene Texte, sondern solche, die im Mainstream vielleicht nie das Licht der Welt erblickt hätten. Welthaltigkeit im Sinne des diesjährigen Mottos der Veranstaltungsreihe bietet der Klingenberg-Verlag,  weil hier  neben österreichischen Autoren Bücher des geflüchteten, islamkritischen Kurden Sherzad Hassan („Die Nacht, in der Jesus herabstieg“), des Frankokanadiers Jean Perron („Die einfache Ekstase des Atmens“) oder des aus dem Sudan stammenden ehemaligen Grazer Stadtschreibers Abdelaziz Baraka Sakin erscheinen („Der Rabe, der mich liebte“).

Info Martin Pflanzer aus München präsentiert an diesem Samstag, 7. September, ab 19 Uhr seinen Hagebutte-Verlag, musikalisch umrahmt vom Oleksandr Klimas Trio.

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