Nase und Gaumen als Werkzeug

  • Brennerin Sofie Masson steht in ihrer Brennstube in Bad Peterstal-Griesbach am Maischebottich. Foto: Petra Walheim
  • „Hochwertig, aber auch hochpreisig“: Brennerin Sophie Masson zwischen ihren Produkten. Foto: Petra Walheim

Whisky Sofie Masson hat ihre Berufung gefunden: Sie ist mit Herz, Leib und Seele Brennerin – und hat sich inzwischen einen Namen gemacht. Die 44-Jährige will aber auch international mitspielen.

Sofie Masson zieht an dem Fass den Stopfen heraus. Nach etwa einem Jahr sieht der Whisky darin zum ersten Mal wieder Licht. Aber nur ganz wenig, denn in dem uralten Keller, der früher Stall war, ist es ziemlich düster. Mit einem speziellen Glaskolben saugt sie eine kleine Menge Flüssigkeit an und lässt sie in ein Glas fließen. „Wow, fantastisch!“, entfährt es ihr ganz spontan. Allein die Farbe des Getränks begeistert sie. Vor vier Jahren hat sie den Gerstenbrand – durchsichtig und klar wie Wasser – in das Fass gefüllt und erst mal in Ruhe gelassen. Das Holz des Eichenfasses hat der Flüssigkeit in Lauf der Zeit eine Farbe wie dunkler Bernstein gegeben und natürlich das Aroma.

Sofie Masson riecht an dem Glas. „Was für ein Duft“, schwärmt sie. Dann probiert sie einen Mini-Schluck, schließt die Augen und genießt. Sie ist hochzufrieden mit ihrem Whisky, stellt das Glas ab und lässt das Getränk „atmen“. Die 44-Jährige lebt für die Brennerei, das ist nicht zu übersehen. Sie hat sich mit ihren Produkten aus dem „Brandhaus 7“ bereits einen guten Ruf erarbeitet, war 2023 Genussbotschafterin für Baden-Württemberg und durfte ihre Brände deutschlandweit präsentieren. „Als Genussbotschafter hat man keine besonderen Aufgaben, wie zum Beispiel eine Weinkönigin. Aber wir durften in der Landesvertretung in Berlin unsere Produkte vorstellen“, sagt Masson. Der zweite Genussbotschafter war aus dem Bereich Gastronomie und Hotellerie.

In dem Jahr als Genussbotschafterin hat die junge Frau gelernt, „dass wir im Land extrem viele Leute haben, die interessante Produkte entwickeln und viel Neues auf die Beine stellen“. Sie konnte den Trend erkennen: zurück zu den Wurzeln und zu den kleinen Manufakturen. „Das ist unsere Stärke.“ Immer wieder erlebe sie das Staunen und die Begeisterung von Touristen zum Beispiel aus dem Norden, die vor allem Großbetriebe kennen. „Diese kleinen, feinen Manufakturen, wie wir sie hier haben, kennen die gar nicht und finden sie faszinierend.“

Unterwegs in der Welt

Sofie Masson war beruflich erst ganz woanders unterwegs. Sie wusste schon früh, dass sie die Welt sehen möchte. Während ihres Studiums an der FH Worms konnte sie ein Jahr lang auch in Rom internationale Betriebswirtschaft studieren. „Ich habe schon in der Schule Italienisch gelernt.“ Im Auftrag einer Firma in Offenburg war sie in Australien. Doch ihr war schnell klar: „In Australien bleibe ich nicht. Europa hat mir gefehlt.“ Sie kehrte zurück und fand bei einem Energieunternehmen in Zürich in der Schweiz eine Stelle als Assistentin der Geschäftsführung.

All diese Aufgaben sieht sie heute als Vorbereitung auf ihre wirkliche Berufung, die sie nun gefunden hat: 2015 kam die Frage auf, an wen Vater Richard Kimmig den Hof in Bad Peterstal-Griesbach übergeben kann. Zur Auswahl standen drei Töchter. Die ältere Schwester von Sofie Masson arbeitet als Lehrerin in Esslingen, die jüngere ist im juristischen Bereich in München tätig. „Bei mir und meinem Mann gärte damals die Idee schon eine ganze Weile, uns selbstständig zu machen“, sagt die 44-Jährige. „Eine eigene Brennerei zu haben, war bei uns schon immer ein Thema.“ Ihr Mann war im Bereich der Erneuerbaren Energien tätig. Als die Entscheidung fiel, haben beide ihre Jobs an den Nagel gehängt und sich auf den Aufbau der Brennerei fokussiert.

Irgendwo im Nirgendwo

„Wir dachten erst, wir könnten das von Zürich aus machen.“ Heute lacht die Kleinunternehmerin darüber. Denn schnell hat sich gezeigt, dass das unmöglich zu stemmen war. 2019 zog die Familie mit den zwei kleinen Jungs auf den Hof, der seit 400 Jahren in Familienbesitz ist und hoch über dem Schwarzwaldort im Ortenaukreis steht. Schon die Anfahrt macht deutlich, dass der Wohnsitz und das „Brandhaus 7“ irgendwo im Nirgendwo liegen. Für Naturliebhaber ein Traum, für Städter ein Albtraum, denn es ist schon sehr einsam dort oben. Doch in der Stille des Schwarzwalds reifen in der Brennerin die besten Ideen für ihre Brände.

Sie lässt sich viel Zeit beim Brennen, lässt Vorlauf, Mittellauf und Nachlauf sehr langsam fließen. „Beim langsamen Brennen kann der Alkohol viel präziser abgetrennt werden“, sagt sie. Der Vorlauf ist ein Alkohol, der nicht genießbar ist. Erst im Mittellauf sind die Aromen aus der Maische enthalten. Den Zeitpunkt zu bestimmen, wann der Vorlauf endet, der Mittellauf beginnt und endet, ist das Herzstück ihrer Arbeit. Dafür steht sie Stunden am Brennkessel, zieht immer wieder eine kleine Menge Alkohol heraus und entscheidet mit Nase und Gaumen, wann die meisten und besten Aromen im Alkohol enthalten sind. „Die Brände sind mein ganz persönlicher Geschmack‘“, betont sie. Und sie kann gut damit leben, wenn jemand ihren Geschmack nicht mag.

Das Obst für die Edelbrände bezieht sie aus der Region. „Ich habe für jedes Obst einen eigenen Bauern.“ Das geschrotete Gerstenmalz für den Whisky bekommt sie aus dem süddeutschen Raum geliefert. „Das ist schon eher überregional.“ Das nimmt sie in Kauf, Hauptsache die Qualität stimmt. Denn das ist für sie das Wichtigste. Die lässt sie sich aber auch bezahlen. „Unsere Produkte sind hochwertig, aber auch hochpreisig“, räumt sie ohne Zögern ein.

Sofie Masson ist ausgebildete Brennerin und ihres Wissens die einzige Frau in Deutschland, die eine Ausbildung am „Chartered Institute of Brewers and Distillers“ in London absolviert. Noch ist sie mit der Ausbildung nicht fertig. Im Juni 2026 macht sie die letzte Prüfung. „An diesem Institut kommt man nicht vorbei, wenn man mit den Schotten mithalten möchte“, sagt Sofie Masson. Das ist ihr langfristiges Ziel.

Ziel ist es, mit den Schotten mitzuhalten.

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