Bund geht gegen „Sklaverei“ vor

  • Diese Frau aus Lateinamerika wurde zum Opfer von sexueller Ausbeutung, sie wurde in Albanien befreit. Deutschland ist laut Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) „Tatort“ von Menschenhandel, nicht nur für Prostitution. Foto: Adnan Beci/AFP

Menschenhandel Im Nagelstudio, auf dem Bau, im Bordell: Die Justizministerin will Deutschland als „Tatort“ unattraktiver machen.

Berlin. Die Bundesregierung verstärkt ihren Kampf gegen internationalen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung. Diesem Zweck dient der Referentenentwurf eines neuen Gesetzes, den Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) vorgelegt hat. Strafrahmen sollen erhöht, die Tatbestände erweitert und bereits die Nachfrage nach Dienstleistungen von ausgebeuteten Menschen umfassend unter Strafe gestellt werden. Insgesamt sollen Täter auf diese Weise besser zur Rechenschaft gezogen werden können.

„Bislang kommen Menschenhändler zu oft ohne Strafe davon“, sagte die Ministerin bei der Vorstellung des Entwurfs, der nun den Bundesländern und Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt wurde. Menschenhandel sei „moderne Sklaverei“. Deutschland sei „Tatort“, sagte Hubig, „im Bau, in der Pflege und im Bereich der Zwangsprostitution.“

Der Vorstoß beruht auf zwei Impulsen: Er stellt die Umsetzung einer EU-Richtlinie dar, geht aber in wichtigen Teilen darüber hinaus. Vor allem aber reagiert der Entwurf auf eine vom Ministerium in Auftrag gegebene wissenschaftliche Evaluation der geltenden Rechtslage. Das damit beauftragte Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen kam darin bereits 2021 zum bedenklichen Ergebnis: Es habe sich gezeigt, „dass der Gesetzgeber das Ziel, die strafrechtliche Bekämpfung des Menschenhandels zu verbessern, bislang nicht erreicht“ habe.

Verdoppelung der Strafe

Die Justizministerin zieht daraus die Konsequenzen. Der Gesetzentwurf sieht die Heraufsetzung der Strafrahmen vor. Für den Grundtatbestand des Menschenhandels soll beispielsweise zukünftig eine Höchst­freiheitsstrafe von zehn Jahren statt bisher fünf Jahren gelten. Eine zehnjährige Freiheitsstrafe wäre in besonders schweren Fällen möglich, zum Beispiel, wenn Gewalt oder eine Entführung nachgewiesen werden kann oder das Opfer minderjährig ist.

Der Gesetzentwurf sieht auch erstmals eine Nachfragestrafbarkeit in Bezug auf alle Ausbeutungsformen des Menschen­handels vor. Bislang gab es derlei in Bezug auf Menschenhandel nur, soweit es um die Inanspruchnahme von sexuellen Dienstleistungen geht. Künftig soll sich aber grundsätzlich strafbar machen, wer andere Dienstleistungen von Personen in dem Wissen in Anspruch nimmt, dass diese Personen ausgebeutet werden. Die Ministerin gibt als Beispiel für die Anwendung des geplanten Gesetzes die wissentliche Inanspruchnahme von Diensten ausgebeuteter Menschen in Nagelstudios oder auch im Rahmen eines Bauvorhabens an.

Zudem soll der Tatbestand des Menschenhandels auf neue Formen der Ausbeutung ausgeweitet werden. Zukünftig sollen auch die Ausbeutungsformen der Leihmutterschaft, Adoption und Zwangsheirat erfasst sein.

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