Erinnerungen an ein Paradies der Kindheit
Metzingen Das alte Ferientagheim, das Efti war etwas Besonderes. Jetzt, da seine Zeit zu Ende geht, denken viele mit Wehmut an herrliche Sommertage auf dem Bongertwasen zurück. Doch es wächst auch etwas Neues.
Der Nebel hängt an diesem Oktobermorgen hartnäckig am Himmel über Metzingen. Von der benachbarten Bundesstraße prallt das Rauschen der vorbeifahrenden Autos an die alte Backsteinmauer des Ferientagheims. Das Rot der Ziegel ist im Laufe der Zeit verblasst, an der Rückseite des Gebäudes fehlen sogar ein, zwei Steine. Es riecht erdig, nach feuchten Blättern, nach Abschied. Vergangene Woche hatte die evangelische Kirchengemeinde, der das Gelände gehört, zum letzten Fest auf dem Areal eingeladen.
Deutlich mehr als 100 Gäste hatten sich dafür angemeldet. Noch einmal wollten sie im Efti sein, ihren Erinnerungen nachhängen, sich gemeinsam an sonnendurchflutete Tage erinnern, wie es sie nur in den Sommern der Kindheit gibt.
Über viele Jahrzehnte war das Ferientagheim ein Ort, an dem sich Alt und Jung willkommen fühlte. Das lag nicht nur an der Herzlichkeit der Gastgeber, sondern auch an der besonderen Atmosphäre, die das Areal am Bongertwasen verströmte.
Umstanden von Bäumen und Sträuchern wirkte es fast wie eine Insel, zu der der Alltag keinen Zutritt fand. Für Kinder war es ein Paradies. Gelegen in der Nähe des Trimm-dich-Pfads und des Minigolfplatzes, war es ein ideales Ziel für einen Familienausflug.
Viele werden sich noch an die Sonntagnachmittage erinnern, an denen das Efti für Besucher geöffnet hatte. Es gab Kaffee und Kuchen für die Erwachsenen und Bluna für die Kinder. Platz nahmen die Gäste an warmen Tagen auf einer großen Terrasse vor dem alten Backsteinhaus. Von dort aus weitete sich der Blick in Richtung Tennisanlage, und wer den Kopf ein wenig drehte, konnte die Weinberge sehen.
Für die Mädchen und Jungen gab es freilich Wichtigeres als die schöne Aussicht. Kaum angekommen, ging es im Laufschritt los und ums Eck. Dort warteten Rutsche und Schaukel. Daran schloss sich ein Rasenplatz an, weitläufig genug für einen ordentlichen Kick, Mitspieler fanden sich immer. Im Sommer wurden auf der Ostseite des Platzes gerne zwei, drei große Zelte aufgespannt, in denen Feldbetten standen. Allein dieser Anblick war eine Verheißung auf unvergessliche Abenteuer in der schulfreien Zeit. Und wenn keiner der Erwachsenen aufpasste, schlüpften die Kinder hinein in den großen Saal, der an heißen Sonntagen verlassen dalag. Ziel der Buben und Mädchen war das Klavier, das in einer Ecke stand und auf dem sich ein paar Akkorde klimpern ließen, ohne dass sofort jemand auftauchte und schimpfte.
Ein Klavier steht noch immer im großen Saal, auch der Rasenplatz und die alte, mit Steinen ausgelegte Terrasse sind noch da.
Doch jetzt, im Oktober 2025, ist das Kinderlachen verklungen. Tische, Stühle und Sonnenschirme sind an die Hauswand gerückt. Ein Symbol dafür, dass die Zeit des alten Efti fast abgelaufen ist. Bald werden die Möbel abgeholt und so lange eingelagert, bis das neue Ferientagheim seine Türen öffnet.
Es entsteht auf einem Grundstück nur wenige Meter entfernt vom ursprünglichen Gelände. Schon 2027 soll hier die erste Sommerfreizeit angeboten werden. Vieles von dem, was Generationen von Kindern und Erwachsenen kannten, wird dort wieder zum Einsatz kommen, erklärt Pfarrer Albrecht Schäfer, „auch als Wertschätzung für das, was man hat“.
In den langen Jahren hat sich auf dem Areal am Bongertwasen so einiges angesammelt, erzählen Michaela und Andreas Jud, die dem Efti seit langem eng verbunden sind. Glücklicherweise stellen einige Gemeindemitglieder Platz, etwa in Scheunen, zur Verfügung, damit das Inventar bis zur Neueröffnung unterkommt, berichtet Andreas Jud.
Die große Ausräumaktion steht in den kommenden Wochen noch an. Bis Ende des Jahres gehört das Areal der evangelischen Kirchengemeinde, dann übernimmt die Stadt Metzingen.
Die Wehmut vieler Gemeindemitglieder über das Ende einer Ära versteht Pfarrer Jörg Michael Karle selbstverständlich.
Doch er blickt ebenso wie sein Kollege Albrecht Schäfer mit Freude auf das Neue, das nun entstehen soll. „Wir nehmen die Erinnerungen mit, die hängt ja nicht an den Steinen“, sagt Karle.
Und auf dem neuen Gelände werden bald neue Kapitel geschrieben, neue Abenteuer kommen hinzu, die sich im Laufe der Jahre mit den alten verbinden werden.
Es ist den kommenden Generationen zu wünschen, dass ihre Sommer im neuen Efti genauso unbeschwert, so fröhlich und so golden sind, wie sie es für vieler Metzinger am alten Platz gewesen sind.
Kaum angekommen, ging es im Laufschritt los und ums Eck. Dort warteten Rutsche und Schaukel.