Neuheit: Brot aus farbigem Weizen

  • Große Freude herrschte am Freitag in der Backstube der Bäckerei Becka Beck in Römerstein. In Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim wurden verschiedenfarbige Weizensorten im Rahmen eines Backmarathons getestet. Foto: Karolin Müller
  • Je nach Sorte hat Weizen ganz unterschiedliche Farben. Dadurch können Brote hergestellt werden, die sich nicht nur im Aussehen, sondern auch im Geschmack deutlich unterscheiden. Foto: Karolin Müller

Römerstein/Hohenheim Bäckermeister und Forscher finden gemeinsam heraus, dass Vollkornbrote nicht unbedingt wie solche aussehen und schmecken müssen.

Ganz klar, in der Backstube der Bäckerei Becka Beck in Böhringen wird stets fleißig gebacken. Ganz nebenbei findet hier aber immer wieder auch Forschung in Sachen Getreidesorten und Gesundheit statt. Hierfür arbeitet die Bäckerei seit langem eng mit der Universität Hohenheim zusammen. Zuletzt bekamen Bäckermeister Heiner Beck und Professor Dr. Friedrich Longin (Universität Hohenheim) für die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Handwerk den Seifriz-Preis verliehen.

Gut ein Jahr später können die beiden gemeinsam mit Heiner Becks Schwiegersohn, Bäckermeister Christian Böck, sowie Professor Dr. Mario Jekle, Leiter des Fachgebiets „Pflanzliche Lebensmittel“ an der Universität Hohenheim, erneut Neuigkeiten bekannt geben. „Wir haben wieder etwas Besonderes gemacht“, sagt Beck stolz. Vor ihm und seinen Mitstreitern liegen auf einem großen Tisch 28 Brotlaibe und ebenso viele halbe Brote. Daneben stehen wiederum kleine Schalen mit Getreidekörnern und dem daraus gewonnenen Mehl.

Vollkorn kann auch hell

Im Rahmen eines Backmarathons wurden eben diese 28 Mehle – im Übrigen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, allesamt Weizen-Vollkornmehle – getestet. Unter anderem ging es bei diesen Versuchen darum, „Vollkorn liebenswert zu machen“, erklärt Heiner Beck. Denn: „Vollkornbrot ist sehr gesund, aber es schmeckt nicht immer“, ergänzt Friedrich Longin, der in Hohenheim die Arbeitsgruppe Weizen an der Landessaatzuchtanstalt leitet. Dass es auch anders geht, habe er in Amerika entdeckt: helle Vollkornbrote, die zudem auch gar nicht den typischen Vollkorngeschmack hatten.

Doch wie bekommt man das hin? Die Lösung könnte farbiger Weizen sein. Der bringt zudem auch noch „coole“ Farben und Geschmacksrichtungen mit sich, weiß Longin. Allerdings darf man sich jetzt keine komplett farbigen Brote vorstellen, auch wenn die Getreidekörner als gelb, blau, rot, purpur, weiß und schwarz bezeichnet werden. Bei den meisten Sorten befindet sich der Farbstoff in der Hülle. „Das Goldene ist sogar im Auszugsmehl“, so der Forscher. Aber die Brotlaibe sehen dennoch ganz normal aus, nicht wie eingefärbt.

Gesunde Inhaltsstoffe

Laut Jekle ist der weiße Weizen dem konventionellen sehr ähnlich. Der purpurfarbene hingegen erhält neben den wichtigen Ballaststoffen noch zusätzliche, gesunde Inhaltsstoffe. Unter anderem sogenannte Anthocyane.

Seit etwa fünf Jahren experimentiert das Team um Friedrich Longin mit diesen Sorten. „Hierzu haben wir die verschiedenen Sorten an insgesamt zwölf Orten in Deutschland und Österreich angebaut“, so der Professor. Dabei wurden die Weizensorten unter anderem auf ihre Standfestigkeit und auf Feldkrankheiten getestet. Verschiedene Standortbedingungen flossen ebenso in die Forschung ein, wie konventionelle und ökologische Anbauverfahren. Im Labor wurden zudem die Inhaltsstoffe analysiert.

Beim Backen ging es dann hauptsächlich darum, die verschiedenen Mehlsorten auf ihren Ofentrieb und die Gärtoleranz zu testen. Wie viel Wasser muss verwendet werden, und wie unterscheidet sich die Knetzeit, waren weitere Fragen, die es zu beantworten galt, berichtet Christian Böck. „Die Schwankungen waren nicht so hoch wie gedacht, wir hatten kein Brot, das komplett aus dem Raster gefallen ist“, freut sich der Bäckermeister und fügt hinzu: „Ich fand es sehr spannend.“ Faszinierend findet Böck dabei vor allem den Farbenreichtum – „von ganz dunkel bis ganz hell“.

Ergebnisse besser als erwartet

Begeistert sind aber alle, die in irgendeiner Form am Projekt beteiligt waren, und das liegt auch daran, dass die ganze Aktion besser gelaufen ist, als erwartet. Zudem konnte, einmal mehr auch dank der Zusammenarbeit von Wissenschaft und Handwerk, die gesamte Wertschöpfungskette von Forschung über Zucht und Anbau bis hin zur Verarbeitung dargestellt werden.

Kurzum: Farbiger Weizen ist in Deutschland bisher kaum etabliert, könnte aber helfen, Vollkornbrot attraktiver zu machen – zum Beispiel, weil einige Sorten hellere Brote liefern, dabei weniger nach Vollkorn schmecken und gängige Weizensorten durch ein breiteres Spektrum an gesunden Inhaltsstoffen überbieten. Bäckermeister und Forscher sind sich einig: „Da lässt sich noch mehr rausholen, aber wir denken, dass wir jetzt ein gutes Grundwissen haben.“

Und für Heiner Beck steht bereits fest: „Wir werden das auf jeden Fall weiterleben hier.“ Dabei ist er sich sicher: „Wenn wir jetzt auf der Alb anfangen, dann finden sich bestimmt andere, die mitmachen.“

Unter den bunten Weizensorten ist jedenfalls für jede Region eine geeignete Sorte dabei.

Wenn wir jetzt auf der Alb anfangen, finden sich bestimmt andere, die mitmachen. Heiner Beck, Bäckermeister, Becka Beck

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