Mit Serienbau aus der Krise
Wohnen Deutlich weniger Wohnungen als im Vorjahr stellt die Kreisbau Tübingen 2024 fertig. Der Fokus gilt dem Bestand – und der Entwicklung eines neuen Bautypus.
Wirtschaftlich werde das Bauen immer schwieriger darstellbar, sagt Matthias Sacher, Geschäftsführer der Kreisbaugesellschaft Tübingen, und rechnet vor: Unter den aktuellen Bau-Bedingungen müsse man für einen Neubau mit Nettokaltmieten zwischen 16 und 18 Euro kalkulieren. Und beim Neubau von Eigentumswohnungen mit 6000 Euro pro Quadratmeter: „Als Branche stecken wir im Krisenmodus.“ Bundesweit sei die Bautätigkeit von 2022 auf 2023 um 26 Prozent zurückgegangen.
Und wie sieht es bei der Kreisbaugesellschaft aus? Rund 90 Mietwohnungen hat sie 2023 fertiggestellt, informiert Sacher. Im aktuellen Jahr würden 13 Wohnungen fertig, und im kommenden Jahr werden es wohl noch weniger sein. „Wir sind eine sehr träge Branche.“ Neubau habe eine lange Vorlaufzeit. Und momentan ruhe ein Großteil der Projektentwicklung, weil die Rahmenbedingungen den Bau nicht zuließen.
Aber was macht die Kreisbaugesellschaft, wenn sie nicht baut? „Wir wollen nicht nur jammern“, sagt Sacher. „Wir bauen weiter, aber in veränderter Form.“ Trotz schwieriger Bedingungen wolle die Kreisbau ein Angebot schaffen. „Im Spannungsfeld zwischen Kosten und Angebot gibt es ein Grundbedürfnis, das wir abdecken müssen, und das ist Wohnen.“ Das Ziel sollte sein, zwischen 30 und 50 Mietwohnungen im Jahr fertigzustellen, so Sacher. Eine Möglichkeit, da wieder hinzukommen und bei den gestiegenen Baupreisen Kosten zu reduzieren, sieht Sacher in der Entwicklung eines Haustypus, der sich reproduzieren lässt. Der Serien-Bau soll, wie Sacher erklärt, „von Kirchentellinsfurt bis Bodelshausen funktionieren“ und universell auf unterschiedliche Grundstücke anwendbar sein.
Hybrid mit Holz
Die Kreisbaugesellschaft stellt sich eine Holz-Hybridbauweise vor, die schnell realisierbar wäre. Die Fassade beschreibt Sacher als funktional und „nicht über städtebauliche Anmutung“ entwickelt. Die Grundrisse entsprechen dem, was aktuell bei der Kreisbau nachgefragt wird. Geplant wird ohne Keller und Tiefgarage: Dann müsse kein Aushub entsorgt werden, ein großer Kostenfaktor fiele weg. Insbesondere bei den Planungskosten könnte die Kreisbau bei serieller Bauweise erheblich sparen. Die Menge der geforderten Einheiten sowie die Höhe der Baukosten und Zinsen erfordere es, das „kapitalintensive Produkt Haus“ zu reduzieren. „Und das kriegen wir nur über den Serien-Bau hin.“ Sacher kalkuliert mit Baukosten von 3000 Euro pro Quadratmeter, Mieten in der Größenordnung von 10 Euro pro Quadratmeter wären dann bei öffentlicher Förderung realistisch.
Ein Grundstück in Dußlingen wäre ein möglicher Standort für ein Pilotprojekt. Ziel der Kreisbau ist es, 2026 mit dem Bau zu beginnen. Für das Konzept der Serien-Häuser müssten aber erst baurechtliche Voraussetzungen geschaffen werden. Denn geplant wird ohne Tiefgarage und mit einem Stellplatzschlüssel von 1,0, also einem Stellplatz pro Einheit, geparkt wird vor den Häusern. „Uns ist bewusst, dass das gering ist für ländlichen Raum“, sagt Sacher. Er verweist darauf, dass der Bau einer Tiefgarage ein solches Projekt um knapp 1500 Euro pro Quadratmeter verteuern würde, was die Kreisbaugesellschaft dann auf die Mieten umlegen müsste. „Wir wollen Wohnungen bauen und nicht Autos ins Trockene stellen.“ Er sehe zwei Möglichkeiten, sagt Sacher: „Entweder wir bauen nicht, oder wir akzeptieren, dass sich Rahmenbedingungen geändert haben.“
Den Bestand dekarbonisieren
Einen zweiten Schwerpunkt legt die Kreisbau auf die Sanierung des Bestands. Eingerichtet hat sie eine Stabsstelle für Nachhaltigkeitsmanagement. „Wir müssen viel in Bestände investieren, um Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen.“ Die Kreisbau arbeitet an der Dekarbonisierung des Gebäudebestands. Das heißt, es wird auf nicht-fossile Energieträger umgestellt. Man habe eine starke Pellets-Strategie, so Sacher, Fernwärmeanschlüsse gebe es noch relativ wenig bei den Häusern. Über drei Viertel der Gebäude im Bestand der Kreisbau seien in einem sehr guten Zustand, so Sacher. Die meisten stammen aus den Jahren 1949 bis 1977 und wurde mindestens einmal kernsaniert. 2023 waren von 2362 Bestandswohnungen noch 439 unsaniert. Mit einer Software überwacht das Unternehmen den Energieverbrauch und die CO2-Emission des Gebäudebestands. „Heute schauen wir weniger nach Schadensbildern, sondern nach der Effizienz“, erklärt Sacher.
Die Kreisbau könne den technischen Anteil beitragen, etwa durch Dämmung oder durch den Austausch von Heizungsanlagen und Fenstern. „Das haben wir in vergangenen Jahren intensiv betrieben.“ In den Bilanzen stelle die Kreisbau aber auch fest, dass Mieter Treiber beim Energiebedarf sind. Über Aufklärung versuchten die Mitarbeiter aufzuklären, dass die Bewohner den Verbrauch auch selbst in der Hand haben.