Wenn Roller im Weg stehen
Mobilität Falsch abgestellte Elektroroller ärgern viele. Nun gibt es Parkverbotszonen in Tübingen und die E-Scooter-Anbieter belohnen richiges Parken.
Sechshundert Leih-E-Scooter werden in Tübingen gefahren. Oder sie stehen herum und versperren manchmal Einfahrten oder blockieren Fußwege. Dies führte in der Vergangenheit öfters zu Beschwerden bei der Stadtverwaltung. Auch in anderen Regionen gab es bereits Probleme mit den Scootern. Einzelne Städte haben sie bereits verbannt oder schwer zugänglich gemacht.
Gar nicht umweltfreundlich?
In Tübingen sind zurzeit drei E-Scooter Anbieter aktiv: Neben Bolt und Tier (das von der niederländischen Firma Dott übernommen wurde) kam im März das schwedische Unternehmen Voi dazu. Genutzt werden sie nicht nur von jungen Leuten, laut den Anbietern haben sie Kunden jeden Alters. Aus einer jährlichen Nutzerbefragung bei Tier ging hervor, dass 26 Prozent der Kunden älter als 46 Jahre alt sind, nur 18 Prozent sind unter 24. Bei Voi ist jeder vierte Nutzer deutschlandweit über 45 Jahre alt. „Voi ist wichtig, nicht nur Touristinnen und Touristen, sondern vor allem tägliche Nutzerinnen anzusprechen“, so ein Sprecher der Firma.
Die drei Verleiher werben alle damit, dass sie eine umweltfreundliche Alternative zum Auto bieten. Die CO2-Bilanz der elektrisch betriebenen Scooter ist auf der gleichen Strecke auch besser als die eines Autos. Doch meist ersetzen die Scooter-Fahrten keine Auto-Fahrten: Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik aus Berlin (Difu) nur in 11 Prozent der Fälle. In 73 Prozent der Fälle löst der Scooter das Fahrrad, den ÖPNV oder den Fußweg ab. Gerade in Städten beträgt die durchschnittliche Fahrtstrecke auf einem E-Scooter bloß zwei Kilometer.
Nicht mehr überall willkommen
Tatsächlich haben einige Städte die Elektroroller schon verbannt. Das liegt unter anderem am chaotischen Abstell-Verhalten der Nutzer. In Paris wurden die Leih-Scooter per Volksabstimmung verboten. Auch Madrid hat die Nutzung untersagt, nachdem sich die Verleiher nicht an Vorgaben halten wollten, bei denen die Nutzer ihre Identität angeben mussten. Einen ähnlichen Fall gibt es in Deutschland: In Gelsenkirchen dürfen nur noch privat gekaufte Roller gefahren werden. Dort war ein Fahrradfahrer über einen herumliegenden Scooter gestürzt und gestorben. Nach weiteren Unfällen forderte die Stadt wie in Madrid von den Verleihern Tier und Bolt eine Registrierung der Kunden anhand eines Führerscheins. Die Anbieter lehnten diese Bedingung ab.
In der Vergangenheit hatte es auch in Tübingen immer wieder Kritik aus der Bevölkerung an den falsch abgestellten Rollern gegeben. Laut der Stadt Tübingen gibt es mittlerweile deutlich weniger Beschwerden. Auch deshalb, weil Stadt und Anbieter mittlerweile etwas dagegen tun.
Beweisfotos und Verbotszonen
Tier zeigt seinen Kunden nicht-überspringbare Anleitungen vor jeder Rollerfahrt und verpflichtet die Fahrenden zu einem „After Ride Picture“: Sie müssen nach jeder Fahrt ein Beweisfoto von ihrem ordnungsgerecht geparkten Roller machen. Doch schlecht abgestellte Scooter ließen sich trotzdem nicht vermeiden, so Luisa Lindenthal von Tier: „Das Hinwerfen unserer Fahrzeuge geht häufig nicht von unseren Nutzern und Nutzerinnen, sondern von Dritten aus.“
Auch die anderen Anbieter setzen auf den Fotobeweis – aber nicht nur. Voi hat in der App einen sogenannten „Activity Score“. Wer vorbildlich parkt, muss dann keine Beweisfotos mehr hochladen und bekommt Guthaben für Freifahrten. Auch Bolt kontrolliert das Parkverhalten über seine App. Dazu seien „geschulte Mitarbeitende“ der „Bolt-Patrol“ regelmäßig vor Ort, um das Parkverhalten zu kontrollieren. „Im ersten Quartal 2025 verzeichneten wir keine einzige Beschwerde in Tübingen“, sagt Gülin Erdoğan von Bolt.Dazu haben die drei Anbieter in ihrer App mit der Stadt Tübingen abgestimmte Parkverbotszonen wie in Parks und im Uferbereich des Neckars.
In solchen Bereichen kann die Miete der Fahrzeuge nicht beendet werden. Optimalerweise parken Tübinger ihre Scooter auf den Abstellplätzen beim Otto-Erbe-Weg und in der Zwehrenbühlstraße. Die Stadt Tübingen prüft weitere Abstellplätze in der Reutlinger Straße (an der Abfahrt der B27), an der Mohlstraße 78, der Haußerstraße 9, der Eugenstraße 41, der Österbergstraße 15 sowie in der Wöhrdstraße. Auch in der Bahnhofsallee an der Ecke Uhlandstraße, am Europaplatz, am Nord- und Südende der Mühlstraße sowie am Depot in der Reutlinger Straße und am Sudhaus sind Abstellplätze angedacht.