Die Natur als Inspiration

  • Ellen Schwarzburg-von Wedel ließ sich von Pausa-Tischdecken inspirieren und interpretierte sie neu. Foto: Klaus Franke

Ausstellung 22 Mössinger Kunstschaffende widmen sich den Vorzügen ihrer Heimatstadt. Die Schau „Mössinger feine Art“ stößt auf großes Interesse.

Wer Mössingens „feine Art“ kennenlernen möchte, sollte sich – auf dem Weg zu einer der Arztpraxen im Mössinger Gesundheitszentrum (GZM) – nicht mit kurzen Seitenblicken begnügen. Die Werke des Künstlerkollektivs ARTmössingen, das mittlerweile auf 22 Mitglieder angewachsen ist, sind so unterschiedlich wie zahlreich.

Bis in den dritten Stock hängen die Wände voll mit Bildern. „Mössingen hat Potenzial“, so sah es Werner Walz, Geschäftsführer der Kreisbaugesellschaft, am Freitag bei der Vernissage. Er war froh, auf mehreren Ebenen viel weiße Fläche als optische Grundlage anbieten zu können. Künstler und Künstlerinnen aus Mössingen haben eine prominente Rolle unter den Ausstellenden, begrüßte Kurator Jochen Gewecke das große Publikum.

Wie sich die „ARTmössingen“ mit der Geschichte, dem Erbe und der Zukunft der Stadt Mössingen auseinandersetzt, beeindruckte Oberbürgermeister Michael Bulander. „Die Werke sind nicht nur Ausdruck von Kreativität, sondern auch des Gemeinschaftsgeistes, der unsere Stadt prägt.“ In der Reihe der Feierlichkeiten zum 1250-jährigen Stadtjubiläum „setzt die Ausstellung nun den Schlussakkord“, sagte er. „Sie ist ein Geschenk an uns alle“, so Bulander.

Monika Kirsch, die eigene Kompositionen von wilden Blumen und blühenden Obstwiesen beisteuert, übernahm die Werkeinführung. Die Natur rund um Mössingen sei ein prägendes Element für die Inspiration, sagte sie. Üppige Blumen fand sie im Hintergrund der Frauenporträts von Simone Richter und im Mittelpunkt der Arbeiten von Regine Neth und Lilli Beck. Christine Futter verwandelt die Blumenwiesen in jahreszeitlich abgestimmte, ungegenständliche Farbenmeere. Bunte Blumengebinde schmücken die Fantasiehüte von Dagmar Klink.

Motive rund um Mössingen

Klara Dittrich-Rommel fotografiert Obstbäume auf den Mössinger Wiesen und komplettiert sie mit aufgemalten roten Äpfeln. Gunther Klosinski beschäftigt sich in seinen Doubleprint-Aufnahmen mit den Silhouetten von alten Bäumen. Die Alb, die als blaue Horizontlinie den Blick von Mössingen begrenzt, wird von Lore Welcher in einer Vierer-Serie eindrucksvoll in Szene gesetzt. Für Willi Rudolph ist die heimische Landschaft ein abstraktes Auf und Ab von Linien. „Wie mein Leben“, sagt er. Birgit Wahl-Bucka hat sich den im Abendlicht rot leuchtenden Bergrutsch vorgenommen. Auch Rainer Gülch setzte sich mit dem Bergrutsch auseinander: Er malt ihn unwetterverdüstert und von einem Blitz durchzuckt.

Wanderer, die sich in der Mössinger Umgebung auskennen, werden in den grünen Höhenlinien, die Ulla Althans in Wachsschichten einritzt, unschwer den Farren- und den Filsenberg aus der Vogelperspektive erkennen. Ina Simone Petri haben es Schafsköpfe im Großformat angetan. Als Motive von Beate Stuhldreiers Bleistiftzeichnungen schaffen es einige reale Bewohnerinnen aus dem Steinlachtal in die Ausstellung. Sie malt Porträts von zugezogenen Frauen, die hier Fuß gefasst haben.

Die Pausa darf nicht fehlen

Wer von Mössingen spricht, darf die Pausa nicht vergessen, sagte Kirsch. Dorothea Kubik fertigt minimalistische Kleidercollagen aus alten Pausa-Stoffen. Ihre Modelle veredelt sie zusätzlich durch feine Rahmen. Für Marion Müller gehört die ehemalige Textilfabrik zum Repertoire ihrer Familiengeschichte. Die durchsichtige Folie, in die sie ihre Fotografien hüllt, symbolisiert für sie den Schleier der Erinnerung.

Ellen Schwarzburg-von Wedel ist fasziniert von den Jugendstil-Mustern der Tischdecken, die sie aus der privaten Sammlung von Doris Angel kennt. Angel war die Tochter von Helene und Felix Löwenstein, der mit seinem Bruder 1919 die Mössinger Pausa gründete. Die geometrischen Formen und die Motive aus Flora und Fauna erinnerten sie an alte Scherenschnitte. Für die Ausstellung reaktivierte sie die traditionelle Technik. Mit Papier, Schere und großer Geschicklichkeit.

Die Werke sind nicht nur Ausdruck von Kreativität, sondern auch des Gemeinschaftsgeistes, der unsere Stadt prägt. Michael Bulander Oberbürgermeister

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