„Es nervt, es macht betroffen“

  • Wo bleiben die Impulse? Für die meisten Firmen ist die Lage maximal befriedigend oder schlecht. Foto: Jürgen Schneider

IHK-Konjunkturumfrage Die Wirtschaft in der Region Heilbronn-Franken kommt nicht in Schwung. Im Vergleich der Landkreise schneidet Schwäbisch-Hall jedoch noch am besten ab.

Die Unternehmen sind enttäuscht von der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung“, erklärte Elke Döring, Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn-Franken, bei der Vorstellung der aktuellen Konjunkturumfrage für das dritte Quartal. Von den versprochenen Reformen und Entlastungen sei bisher nicht viel bei den Betrieben angekommen.

Mehr noch: „Die jetzige Koalition“, urteilte Döring, „tut bislang auch nicht mehr als die Ampel, um der Wirtschaft die nötigen Impulse zu geben.“ Weder die Hoffnungen auf spürbare Entlastungen durch das Finanzpaket und echte Reformen noch die Rahmenbedingungen hätten sich bemerkbar gemacht. Ihr Fazit: „Es nervt, es macht betroffen.“

Landkreis optimistischer

Zwar hat sich die Geschäftslage gegenüber dem Vorquartal erneut geringfügig verbessert, aber: Nach wie vor bezeichnen rund drei Viertel der befragten Betriebe ihre wirtschaftliche Situation maximal als befriedigend (50,4 Prozent) bis schlecht (24 Prozent). 26 Prozent sprechen von einer guten Geschäftslage.

Positiv hebt sich der Landkreis Schwäbisch Hall hervor: Hier sprechen 30 Prozent der Unternehmen von einer guten und nur 19 Prozent von einer schlechten Lage. „Vor allem die Industrie hat im Landkreis positive Rückmeldungen gegeben“, kommentierte Döring das Ergebnis. Kritischer Punkt über alle Branchen hinweg ist nach wie vor die ausbleibende Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik. Rund ein Drittel (34 Prozent) der befragten Betriebe sieht in der Wirtschaftspolitik ein klares Geschäftsrisiko. Befragt nach den einzelnen Risikofaktoren führen die Inlandsnachfrage (59,9 Prozent) und die Arbeitskosten (55,9 Prozent) die Liste an, gefolgt vom Fachkräftemangel. 44 Prozent können derzeit offene Stellen nicht besetzen, weil sie die passenden Fachkräfte gar nicht finden.

Investitionsbereitschaft sinkt

Erstaunlich: Zwar wollen die Unternehmen vor allem mit einer Steigerung ihrer Arbeitgeberattraktivität auf das Dilemma reagieren. Aber: Die Bereitschaft, für mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder eine bessere Work-Life-Balance zu sorgen, ist seit der letzten Erhebung vor zwei Jahren um knapp zehn auf 25,1 Prozent gesunken.

Viele Betriebe sehen in eigener Ausbildung, Rationalisierung, Automatisierung und Digitalisierung die besseren Mittel im Kampf gegen den Fachkräftemangel. „Die Unternehmen“, so Elke Döring, „versuchen weiter, aktiv gegenzusteuern, konzentrieren sich aber vor allem auf interne Maßnahmen.“

Die Enttäuschung über die aktuelle Wirtschaftspolitik spiegelt sich deutlich in den Erwartungen der Unternehmen wider. Laut Konjunkturumfrage erwarten mit 21 Prozent noch weniger Unternehmen als im Vorquartal (23) eine bessere Entwicklung, dafür aber 23 Prozent (+3) eine schlechtere als zuvor. Döring: „Das hat Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen.“ So hat die Bereitschaft zu Inlandsinvestitionen beim Thema Digitalisierung um mehr als sechs Prozent, bei den Produkt- und Verfahrensinnovationen um knapp fünf Prozent abgenommen.

IPAI: Nur Hoffnungsschimmer

Auch die Beschäftigungserwartungen liegen über alle Branchen hinweg im negativen Bereich. Mit minus 2,9 Prozent schneidet die Baubranche im Vergleich noch am besten ab, während die Industrie bei minus 20,5 und der Großhandel sogar bei minus 34,8 Prozent liegt. Einen deutlichen Abfall meldet der Einzelhandel: Hier liegt der Saldo der Beschäftigungserwartungen bei minus 13,1 Prozent.

Der Blick nach vorne stimmt IHK-Hauptgeschäftsführerin Elke Döring nicht eben froh: „Die Hoffnung auf baldige Besserung schwindet“, so ihre nüchterne Prognose. „Konnten wir im Frühsommer noch Tendenzen einer Aufbruchstimmung erkennen, so hat sich dieser Trend im dritten Quartal nicht fortgesetzt.“ Den Unternehmen fehle nach wie vor eine zukunftsfähige wirtschaftspolitische Agenda. Projekte wie der Innovation Park Artificial Intelligence (IPAI), dessen Bau am Dienstag mit dem offiziellen Spatenstich gestartet wurde, seien ein Hoffnungsschimmer. Aber das alleine reiche nicht.

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