Auf leisen Sohlen zurück ins Land
Natur Im Südwesten werden immer mehr Wildkatzen nachgewiesen. Dennoch könnten sie aussterben.
Pforzheim/Freiburg. Im strömenden Regen ist der breite Kopf noch schwerer zu entdecken als sonst. Hinter Brombeerranken und wirbelndem Herbstlaub, tief im Schatten eines schützenden Felsdachs, lässt sich zuerst der helle Schnurrbart erahnen. Dann kommen zwei aufmerksame dunkle Augen und bewegliche Ohren hinzu. Die Wildkatze im Pforzheimer Wildpark übersteht den Herbststurm eingerollt in ihr buschiges Winterfell, aber Besucher registriert sie sofort.
Die streng geschützten Samtpfoten sind nicht nur selten, sondern auch scheu – so scheu, dass sie außerhalb dreier Gehege in Baden-Württemberg kaum je zu sehen sind. Doch der Eindruck täuscht: Fachleute sind sicher, dass die einst fast komplett verschwundene Tierart in den Südwesten zurückkehrt. Vor allem aus Frankreich, teilweise auch aus Rheinland-Pfalz.
In einem Forschungsprojekt von 2010 bis 2015 wurden am Kaiserstuhl und in den Rheinauen schon einmal Wildkatzen gefangen und mit GPS-Halsbändern versehen. Karten der Forstlichen Versuchsanstalt Baden-Württemberg (FVA) verzeichnen inzwischen ein Vielfaches an Sichtungen. 2024 lag die Anzahl gesicherter Nachweise bereits bei 125.
„Es gibt immer mehr Hinweise, allerdings immer noch vor allem im Oberrheingraben“, sagt Wildtier-Expertin Marie Eggers von der FVA. Direkte Begegnungen gibt es so gut wie nie, denn die Wildkatze meidet den Menschen. Obendrein braucht es geübte Augen, um sie von Hauskatzen zu unterscheiden.
Die Expertin hat jüngst online vor einem Fachpublikum zur Rückkehr des Beutegreifers referiert. „Eine der Haupttodesursachen von Wildkatzen sind Straßen“, sagte Eggers, die eigens konzipierte Schutzzäune vorstellte. Noch wichtiger sei aber ein anderer Schritt. „Aus Tierschutzsicht ist es die oberste Maßnahme, Katzen, die draußen herumlaufen, zu kastrieren.“ Eggers sprach sich für eine landesweite Kastrationspflicht für Freigänger-Hauskatzen aus. In Baden-Württemberg wird so etwas aktuell auf Gemeindeebene geregelt.
Der Grund für die Forderung sind sogenannte Hybridkatzen: Mischlinge zwischen Wild- und Hauskatze. Bei genetischen Untersuchungen der FVA seit dem Jahr 2006 deutete mehr als die Hälfte der Ergebnisse auf Hybride hin. „Wir haben mehr Hybride als reine Wildkatzen in Baden-Württemberg“, folgert Eggers. „Das heißt, wir haben hier in Baden-Württemberg auch das Risiko, dass wir ein potenzielles Aussterben der Art haben, also keine reinen Wildkatzen mehr, sondern nur noch Hybride.“