Neues vom großen Unbekannten
Literatur Thomas Pynchon gilt als Mysterium unter den Schriftstellern. Nach zwölf Jahren erscheint nun sein neues Werk.
New York. Wohl nur ganz wenige Menschen sind gleichzeitig so berühmt und so unbekannt wie Thomas Pynchon. Der US-Autor hat Millionen Fans auf der ganzen Welt, gilt als einer der bedeutendsten englischsprachigen Schriftsteller der Gegenwart, wird seit Jahrzehnten für den Literaturnobelpreis gehandelt – und hat die Anonymität ins Extrem getrieben: Pynchon lebt vollkommen zurückgezogen, gibt so gut wie keine Interviews, geht auf keine Galas, und fotografieren lässt er sich schon gar nicht.
Es heißt, der Schriftsteller sei 1937 geboren. Er studierte Physik und Literatur, diente bei der Marine und schrieb für eine Firmenzeitung. Inzwischen lebe er mit seiner Ehefrau, einer Literaturagentin, in New York City. Bestätigt hat Pynchon das alles nie.
Sicher ist: Acht Romane hat Pynchon, der inzwischen 88 Jahre alt sein soll, zwischen 1963 und 2013 mit großem Erfolg veröffentlicht, unter anderem „Die Enden der Parabel“, „V“ oder „Gegen den Tag“. Zwölf Jahre nach dem bislang letzten Werk erscheint nun sein neuntes: „Schattennummer“ (auf Deutsch im Rowohlt-Verlag).
Der Roman spielt in Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin im Jahr 1932. Amerika steckt in der Großen Depression, die Aufhebung der Prohibition steht kurz bevor. Al Capone sitzt im Knast, und der Privatdetektiv Hicks McTaggart nimmt einen Routinejob an: Er soll die Erbin eines Käse-Fabrikanten ausfindig machen und nach Hause bringen. Doch unversehens findet er sich auf einem Ozeandampfer wieder und landet schließlich in Ungarn.
„Schattennummer“ (Original: „Shadow Ticket“) ist in vielerlei Hinsicht ganz Pynchon. Der Autor spielt auch in diesem Roman wieder mit Irrungen, Wendungen und immer neuen Randfiguren und macht es dem Leser nie einfach. Pynchon baut ganze Kathedralen aus Sprache – um sie dann wenige Seiten später wieder komplett einzureißen. „Niemand weiß, was es heißt, Pynchon zu lesen“, sagte der Autor Jonathan Lethem einmal. „Man ist damit niemals fertig.“
In den USA, wo das Werk schon vor einigen Tagen erschien, versammelten sich einige Menschen um Mitternacht in Buchläden, um zu den ersten Lesern zu gehören. Die Kritiker tun sich indes schwer mit „Schattennummer“. Das Buch hat etwas Hektisches an sich, man muss sich immer wieder durchkämpfen - manchmal mit Gewinn und Genuss, manchmal aber auch mit Frust.