Jetzt sollen doch alle Gebäude erhalten bleiben

  • Das Areal der Reutlinger Ypernkaserne aus der Sicht vom Georgenberg: Fünf der sechs langegezogenen ehemaligen Kasernengebäude sind zu sehen. Foto: Thomas de Marco

Reutlingen Neue Planungen für das Areal an der Ringelbachstraße: Das Werkstatt-Verfahren wird wieder aufgenommen. Das ändert sich.

Auf dem 2,5 Hektar großen Areal der ehemaligen Ypernkaserne im Reutlinger Ringelbachviertel soll bekanntlich ein neues Quartier entstehen mit Wohnungen, Gewerbeflächen, sozialen Einrichtungen und einem Quartierscafé. Ursprünglich war für das Werkstatt-Verfahren vorgesehen, nur drei der sechs Kasernengebäude zu erhalten: Ringelbachstraße 195/01, in dem viele Institutionen, Verbände und Vereine untergebracht sind, sowie zwei weitere Gebäude entlang der Hans-Reyhing-Straße. Die drei restlichen Kasernengebäude hätten abgerissen werden sollen. Doch jetzt wird dem Bauausschuss des Reutlinger Gemeinderats am Dienstag, 14. Oktober, eine andere Planung präsentiert.

Substanz ist besser als vermutet

Eigentlich war angedacht, dass drei Kasernengebäude erhalten bleiben und damit die Geschichte des Gebiets auch künftig ablesbar sein soll. Außerdem würde in diesen Häusern preisgünstiger Mietraum für die vorhandenen Nutzergruppen beibehalten. So sind im Gebäude entlang der Ringelbachstraße unter anderem „Ridaf“ (Sprach- und Integrationskurse, Jugendsozialarbeit), „Dialog“ (Integrations- und Bildungszentrum), die „Chinesische Kultur und Bildungsplattform“ und einige Vereine untergebracht.

Zwischenzeitlich hätten aber weitere Untersuchungen ergeben, dass die bauliche Substanz der ursprünglich für den Abbruch bestimmten drei Gebäude besser sei als 2023 angenommen. Deshalb soll auf den Abriss verzichtet werden. „Aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten soll die graue Energie nun erhalten bleiben und in einer Überarbeitung das freiräumlich-städtebauliche Konzept angepasst werden“, heißt es in der städtischen Mitteilungsvorlage für den Ausschuss. Dafür würden die gleichen Architekten-Teams wie beim ersten Werkstatt-Verfahren zur Überarbeitung aufgefordert.

Vorgabe ist, dass die drei jetzt doch nicht zum Abriss vorgesehenen Gebäude um zwei Etagen aufgestockt werden und vorgestellte Balkone erhalten. In jedem der drei Häusern können laut Wohnungsgesellschaft GWG überschlägig etwa 45 bis 50 Wohneinheiten realisiert werden: rund 30 in den Bestandsgeschossen, weitere 20 in den geplanten beiden aufgestockten Geschossen. Insgesamt sind das 135 bis 150 Wohnungen.

In einem der Häuser ist eine Möglichkeit für Baugemeinschaften vorgesehen. Zudem wird ein übergeordnetes Freianlagenkonzept neu erstellt. Die notwendigen Stellplätze mit unterirdischer und gegebenenfalls oberirdischer Unterbringung von Fahrzeugen muss nachgewiesen werden.

„In Ergänzung zu den bestehenden Kasernengebäuden sollen weitere Baukörper geplant werden. Sie können als frei stehende Gebäude und/oder als Anbauten an die Bestandsbauten konzipiert werden“, erklärt die für das Quartiersprojekt zuständige GWG. Auch ein Anbau an das für Baugruppen vorgesehene Gebäude 45 sei grundsätzlich möglich. In diesen Neubauten sollen insgesamt etwa 40 bis 50 neue Wohnungen entstehen.

Für die Wohnungen der GWG gelten folgende Maximalgrößen: Zweizimmer-Wohnungen bis 60 Quadratmeter, Dreizimmer-Wohnung bis 75 Quadratmeter und Vierzimmer-Wohnungen bis 90 Quadratmeter. Dabei geht es ausschließlich um Mietwohnungen. Dieser Mix wird dabei im Ypern-Kasernen-Areal angestrebt: 30 bis 40 Prozent Zweizimmer, 40 bis 50 Prozent Dreizimmer und 20 Prozent Wohnungen mit vier Zimmern.

Neben den zusätzlichen Wohneinheiten sollen in den Neubauten beziehungsweise Ergänzungsbauten weitere Nutzungen untergebracht werden: ein Quartierscafé als Treffpunkt für das Ringelbachgebiet mit Quartiersbüro und multifunktionalen Gemeinschaftsräumen für Begegnung, Mittagstisch, Kultur und Feiern. Gefordert ist auch eine dreigruppige Kindertageseinrichtung mit einer 500 Quadratmeter großen Außenspielfläche. Eine Unterbringung auf zwei Geschossen ist dabei im Wettbewerb zulässig.

Neues Verfahren am Jahresende

Ein wichtiges Merkmal des Kasernenareals sind die Freiflächen und Grünbereiche, für die ebenfalls ein Konzept erstellt werden soll. Bei flachen oder leicht geneigten Dächern ist laut Werkstatt-Richtlinie eine Dachbegrünung in Kombination mit Anlagen zur Nutzung der Solarenergie gefordert. „Attraktive Spielbereiche für Kinder sowie Aufenthalts- und Treffmöglichkeiten für Jugendliche sind auszuweisen. Konzepte für Urban-Gardening oder die ‚essbare Stadt‘ sowie gemeinschaftliche Gärten sollen die zukunftsfähigen und hochwertigen Freiraumkonzepte ergänzen“, schreibt die GWG. Dabei sei insbesondere auf die Wirtschaftlichkeit im Unterhalt zu achten.

Das Überarbeitungsverfahren wird voraussichtlich von Ende dieses Jahres bis Anfang 2026 durchgeführt, schreibt das Reutlinger Stadtplanungsamt in seiner Mitteilungsvorlage für den Bauausschuss am Dienstag nächster Woche. Sämtliche Kosten des Verfahrens würden von der GWG übernommen.

Aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten soll die graue Energie nun erhalten bleiben. Stefan Dvorak Reutlinger Stadtplaner

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