Debatte nimmt Fahrt auf
Stadtbild Es war eine fast hingeworfene Bemerkung des Kanzlers, aber die Diskussion über Migration hält an. Nun meldet sich die SPD.
Berlin. Friedrich Merz habe das falsche Problem benannt, als er mit dem Verweis auf die Migration unschöne Zustände in deutschen Innenstädten geißelte. So sehen es jedenfalls zehn SPD-Bundestagsabgeordnete. Sie unterschrieben ein Acht-Punkte-Papier, das ein „Debattenbeitrag“ sein will und auf eine Initiative des außenpolitischen Sprechers der Fraktion, Adis Ahmetovic, zurückgeht.
Am 14. Oktober hatte Kanzler Merz die Debatte ausgelöst, als er von diesem „Problem“ im Stadtbild sprach. Deswegen sei „der Bundesinnenminister ja auch dabei, in sehr großem Umfang Rückführungen durchzuführen“. Auf Nachfrage ergänzte er Tage später: „Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte.“ Das verstanden einige auch dann noch als rassistische Bemerkung, als er noch später ergänzte, er meine kriminelle und ausreisepflichtige Migranten.
Dirk Wiese, Parlamentarischer SPD-Fraktionsgeschäftsführer, versucht zu beruhigen. Bei der Demonstration sollte für eine bunte und tolerante Stadtgesellschaft geworben werden. „Da gibt es Kritik, aber man sollte auch nicht zu viel hineininterpretieren“, sagt Wiese.
Das Acht-Punkte-Papier der SPD-Abgeordneten aller Fraktionsströmungen findet wenig Gnade bei den Unionskollegen. Unter anderem, weil in dem Papier die Migration höchstens indirekt erwähnt wird. „In unserem Debattenbeitrag sprechen wir über die zentralen Ursachen für die Probleme in unseren Städten“, sagt Hakan Demir, einer der Unterzeichner. „Nicht der Pass oder die Hintergründe der Menschen sind an den Problemen schuld.“
Die unterzeichnenden Sozialdemokraten sehen Lösungen unter anderem durch „mehr aufsuchende Sozialarbeit, stationäre und mobile Beratungs- und Gesundheitsdienste, bessere Beleuchtung, Notrufsysteme und sichere Wegekonzepte“. Bezahlbarer Wohnraum sei „die soziale Schlüsselfrage der Innenstädte.“ Parks, Kultur, Sport, mehr Fuß- und Radwege und auch die Digitalisierung fehlen nicht bei den Vorschlägen. Schließlich folgt die Forderung, nach einem parlamentarischen Beschluss über gemeinsame Vorstellungen der Koalition zum Thema „oder einen Gipfel ‚Stadt der Zukunft‘ im Kanzleramt“. Die Union sieht dafür keine Veranlassung. „Der Bundeskanzler spricht aus, was die große Mehrheit der Deutschen denkt“, sagte hingegen Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) in der ARD und diese Aussage wird durch eine ZDF-Umfrage gedeckt. Es gehe um Bahnhöfe, Straßen und Plätze, die verwahrlost seien, und wohin sich „Juden, Frauen, Schwule“ nicht trauen. Spahn sprach von „kultureller, religiöser Prägung“ und von „Gewaltaffinität“.
Bei der SPD hofft man aber weiter auf eine Koalitionsdiskussion. „Ich bin zuversichtlich, dass auch die Union die Situation in unseren Städten umfassend angehen will“, sagt Hakan Demir.