Geballte Kreativität und Kraft

  • Viel Beifall erhielten in der Oberhofenkirche das Göppinger Jugendsinfonieorchester unter dem Dirigat von Martin Gunkel und die Göppinger Flötistin Greta Mandler. Staufenpress

Konzert Das Göppinger Jugendsinfonieorchester überzeugt mit einem Programm von Bellini bis Léhar. Greta Mandler spielt ein virtuoses Flöten-Concertino in der vollen Oberhofenkirche.

Knapp einhundert junge Leute des Göppinger Jugendsinfonieorchesters (JSO) boten unter ihrem Leiter Martin Gunkel in der vollen Oberhofenkirche ein vielseitiges und anspruchsvolles Programm mit Musik aus dem 19. Jahrhundert. Sie hatten es in wenigen Wochen nach den Sommerferien einstudiert. Und es gebe eine Uraufführung, hatte Stadtmusikdirektor Gunkel in einer kurzen Einführung angekündigt. „Schreib doch mal  etwas für uns“, habe er zum jungen Cellisten Jakob Riecke gesagt, der schon lange im JSO spielt und sich nun auch als Jungkomponist betätigt.

Und ein weiteres Highlight erwartete die vielen Zuhörer. Mit einem großen Opern-Gestus und viel Klang begann das Orchester die große Stadtkirche zu füllen. Vincenzo Bellinis Norma-Ouvertüre lässt bereits die Wechselbäder der Gefühle und die Dramatik der Handlung ahnen, die der junge sizilianische Melancholiker Bellini vor allem in der Titelfigur Norma – man musste unwillkürlich an die große Maria Callas denken – als Gipfel des Belcanto ausdrückte. Mit einem geballten Spiel setzte hier das JSO  einen Glanzpunkt.

Mandler mit superber Technik

Die 15-jährige Flötistin Greta Mandler, Mitglied im Landes- und Bundesjugendorchester und schon mit vielen Preisen auf Landes- und Bundesebene ausgezeichnet, spielte das virtuose Concertino in D-Dur, opus 107, für Flöte und Orchester der Pariserin Cécile Chaminade aus dem Jahr 1902. Mandler zeigte eine superbe Technik und einen ausdrucksstarken Ton. Dekorative sowie abenteuerlich-virtuose Teile in einer Art Rondo-Form samt einer Kadenz in einer Art romantisch-impressionistischem Stil waren für die junge Flötistin ebenso wenig ein Problem wie die nicht leichte rhythmische Zwiesprache mit dem Orchester, die Gunkel hilfreich-überlegen steuerte. Viel Beifall.

Ganz anders dann die moderne Komposition „Orchesterstudie 2023 – Perspektiven“ des 20-jährigen Jungstudenten für Komposition an der Stuttgarter Musikhochschule, Jakob Riecke. Ob nun ein theoretisch-philosophischer Aspekt in dieser Musik steckt, wie es Riecke selbst ausdrückt, sei dahingestellt. Nicht fassliche Strukturen enthielt das teilweise ans Atonale grenzende Stück allerdings schon. Man darf gespannt sein, was sich der junge Komponist noch ausdenken wird.

Einfach nur wohltuend dann Edvard Elgars Enigma-Variation „Nimrod“, die häufig in Filmmusiken verwendet wird. Mit einfachem Themenmaterial in Instrumentengruppen-Wiederholungen und leichten Verarbeitungen, jedoch schwierig im Klang, fühlten sich die Musikerinnen und Musiker in die Ruhe des Stücks ein.

Geballte Kreativität und Kraft hatte man davor zu hören bekommen, aber auch technische und klangliche Brocken hatte sich das Orchester mit den beiden ersten Sätzen aus der 5. Sinfonie, e-Moll, opus 64, von Peter Tschaikowsky ausgesucht. Schwermütig und entfesselt, aber auch lyrisch und spielerisch-elegant – und das alles vermischt – drückt sich die Musik aus, was dem Orchester dank des zugewandten Dirigats von Martin Gunkel gelang.

Am Ende ein Rausschmeißer – oder durch den Einsatz von Kastagnetten vielleicht auch schon ein Vorgeschmack auf die anstehende Konzertreise nach Barcelona: Der Walzer mit der Liedmelodie „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ aus der Operette „Giuditta“ von Franz Lehár. Das Publikum dankte mit großem Beifall.

Das Wichtigste ist, dass sie gut spielen und Freude daran haben. Martin Gunkel Stadtmusikdirektor        

NÄCHSTER ARTIKEL