Ein Rücktritt und kein Bürgerforum

  • Nach einer aufgeladenen Bürgerfragestunde und hitzigen Wortmeldungen im Sulzer Gemeinderat lehnt das Gremium am Montagabend in der Stadthalle ein Bürgerforum zum geplanten regionalen Gewerbegebiet ab. Foto: Marcella Danner
  • Die „Hühnermiste“ des Bergfelder Geflügellandwirts Martin Schneckenburger liegt mitten im geplanten regionalen Gewerbegebiet. Er hat sein Grundstück nicht verkauft. Foto: Marcella Danner

Gemeinderat In der Sitzung zum regionalen Gewerbegebiet schmiss der CDU-Fraktionssprecher hin, und der Bürgermeister stimmte gegen den eigenen Beschlussvorschlag.

Fast 30 Jahre lang gärt das geplante regionale Gewerbegebiet auf der Mühlbachebene jetzt schon. Am Montag blubberte das Thema in der Sitzung des Gemeinderates noch mal so richtig und explodierte schließlich in der Stadthalle mit dem Rücktritt von CDU-Fraktionschef Tobias Nübel.

Zuvor hatten Sulzerinnen und Sulzer in der Bürgerfragestunde die 60 Minuten genutzt, um ihre Argumente gegen „Best Invest A81“ vorzutragen. Darunter viele Ortschaftsräte der betroffenen Stadtteile. Die Bedenken waren nicht unbekannt, wurden zuletzt bei der Info-Veranstaltung in Holzhausen und im Bergfelder Ortschaftsrat genannt. Einzig der Bergfelder Ortschaftsrat Axel Grathwol bekannte sich – unter Buhrufen – erneut zum Gewerbegebiet. Holzhausens Ortsvorsteher Armin Hipp verlas am Montag eine Erklärung seiner Rätinnen und Räte – alle hatten unterzeichnet. Das Holzhauser Gremium, aber auch Hipp persönlich, sprechen sich gegen „Best Invest A81“ aus. Die Argumente ähneln jenen des Bergfelder Ortschaftsrates, der dieser Tage einen Beschluss dazu fasste.

Nach einem knappen Beschluss in nichtöffentlicher Gemeinderatssitzung, bei dem es nach Recherchen der SÜDWEST PRESSE um den Auftrag für ein Gutachten zur Verlegung des Dunglagers von Geflügellandwirt Martin Schneckenburger ging, nahm das Thema noch einmal Fahrt auf. Denn die Räte sprachen sich mit 10 zu 9 Stimmen dagegen aus. Dies wurde von vielen als richtungsweisend für die Akzeptanz des Gesamtprojekts gesehen. Freie-Wähler-Stadtrat Wilhelm König plauderte am Montag aus dem Nähkästchen. Bürgermeister Jens Keucher habe nach diesem Beschluss gesagt, damit sei das regionale Gewerbegebiet für ihn gestorben.

Mit einem Bürgerforum wollte die Verwaltung die kommende Entscheidung nach eigenen Aussagen auf eine breitere demokratische Mehrheit stellen. Die Fristen für einen Bürgerentscheid sind bereits verstrichen. Hans-Ulrich Händel erläuterte das Vorgehen eines solchen, 30.000 Euro teuren, Bürgerforums in der Stadthalle. Die Meinungen schienen sich jedoch verfestigt zu haben. Weder die anwesenden Bürger noch die Ortschaftsräte aus Bergfelden und Holzhausen wollten das Forum haben. Zu wenig repräsentativ sei es. Zudem beschneide es die Stadträte in deren Funktion als gewählte Vertreter der Einwohner in deren freier Entscheidung. So sahen das auch GAL/SPD-Fraktionssprecher André Amon und Freie-Wähler-Chef Jürgen Huber. Huber sei sich seiner Verantwortung als Stadtrat durchaus bewusst und Amon argwöhnte, dass bei einem knappen Beschluss für das Gutachten zur Verlegung des „Gänsestalls“ niemand auf die Idee gekommen wäre, ein Bürgerforum einzuberufen.

CDU-Fraktionschef Tobias Nübel meldete sich recht spät zu Wort, hatte aber einen Knaller zu verkünden. Er trat nach 23 Jahren aus dem Gemeinderat aus.

Bei der Abstimmung sprach sich schließlich die große Mehrheit des Gemeinderats gegen ein Bürgerforum aus. Tobias Nübel und seine CDU-Ratskollegin Bettina Eggenweiler enthielten sich. Bürgermeister Jens Keucher, auf dessen Initiative hin das Bürgerforum überhaupt zur Disposition stand, schloss sich seinem Gremium an und stimmte ebenfalls dagegen.

„Ich habe hier die Diskussion um ein regionales Gewerbegebiet nicht losgetreten“, sagte Keucher. „Meine Aufgabe ist es jetzt, das Thema nach 29 Jahren zu einem Ende zu bringen.“ Am 26. Mai sehe man sich wieder in der Stadthalle, dann werde final abgestimmt.

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