Schwelgen in Obertönen

  • Die Obertongesangsweise, aber auch die ganz eigene Art der Musik aus Tuwa fesselt die rund 150 Zuhörerinnen und Zuhörer in der Katharinenkirche. Ralf Snurawa

Jazzclub Die Gruppe Huun-Huur-Tu aus Tuwa begeisterten sie das Publikum in der Haller Katharinenkirche.

Schwäbisch Hall. Anders als etwa Mönchsgesänge aus Tibet zielen die schamanischen Beschwörungen aus Tuwa, einer autonomen Republik der Russischen Föderation an der nordwestlichen Grenze zur Mongolei, mit ihren Obertönen mehr auf das Einfangen von Momenten der Natur. Das zeigte das Konzert von Huun-Huur-Tu am Sonntagabend.

Da wurden eingangs guttural im Kargyraa-Stil zunächst die Ahnen beschworen. Radik Tyulyush spielte dazu die Shoor, eine Längsflöte, ehe Sayan Bapa und Kaigal-ool Khovalyg auf ihren Igil, Langhalslauten mit Pferdekopf als Verzierung, Rhythmus in den Klang brachten, ebenso wie Alexei Saryglar auf seiner Schamanentrommel Tungur. Welche anderen Obertongesangsarten es gibt, führte Tyulyush neben seinem Flötenspiel danach vor. Das erinnerte bisweilen an das Flackern von Synthesizerklängen.

Mehr flötenartige Obertöne rief er dann zu „Sygyt“, benannt nach der Gesangsart, hervor, wobei er sich selbst auf der Byzaanchy begleitete. Diese Geige bezeichnete Sayan Bapa in seiner Moderation auch als „Kalb“ und „Freund des Pferdes“. Den Bezug zu Letzterem lieferte in der Weiterführung mit „Chyraa Khoor“ der an Trab erinnernde Rhythmus von Igil und Bapas Zupflaute, der Doshpuluur.

Die Schönheit der jungen Frauen von Saryglarlar wurde im ruhigen gleichnamigen Stück beschworen, ehe das Quartett mit Perkussionist Saryglar als Sänger zu „Konguroi“ über die 60 Pferde in ihrer Herde sang und musizierte. Die Freundschaft untereinander wurde mit „Üzheleen bis“ gepriesen: „Drei von uns, vier von uns, aber wir sind so stark wie 30. Was sind 30 gegenüber uns? Sie könnten nicht gegen uns Drei ankommen.“

Nach der Pause führte Kaigal-ool Khovalyg, der die meisten Stücke des Abends auch geschrieben hat, noch einmal die als „Kargyraa“ bezeichnete Obertongesangsart vor. Dem fast meditativen Beginn standen dann „Camel Caravan Drivers“ mit ihrem pulsierenden Rhythmus gegenüber, gefolgt von Maultrommeltönen zu „Kohzyrgoi“. Dem Klang der Natur wurde im Hirtengesang „Odugen Taiga“ (Mutter Taiga) unter anderem mit dem Nachahmen von Tierlauten nachgespürt.

Mit einem ihrer bekanntesten Lieder, „Foreign Land“, verabschiedete sich das Quartett und erntete stehend gespendeten Beifall von allen etwa 150 Konzertbesucherinnen und -besuchern, die die Gruppe erst nach zwei Zugaben gehen ließ.

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