Was sich Christdemokraten wünschen

  • Isabell Rathgeb, Tim Breitkreuz, Manuel Hagel, Klaus-Jürgen Mümmler, Wolfgang Lehnert und Christian von Stetten (von links). Foto: Birgit Trinkle

Politik Beim Wahlkampfauftakt in Crailsheim spricht der CDU-Landeschef Manuel Hagel. Innovativ und technologieoffen müsse das Land sein, sagt er, zuversichtlich und niemals ausgrenzend.

So heftig Manuel Hagel bei seinem Besuch in Crailsheim die Politik der Ampel-Regierung in vielen Punkten kritisiert: Noch deutlicher grenzt er sich von den „Freaks der AfD“ ab. Der CDU-Landeschef und Fraktionsvorsitzende im Stuttgarter Landtag, der als Spitzenkandidat für die Landtagswahl gehandelt wird, ist zum Auftakt des Kommunal- und Europawahlkampfs in die Gaststätte am TSV-Stadion gekommen.

Viele Kommunen bemühen sich um Hagel. Warum er die Crailsheimer Einladung angenommen hat? Er nennt unter anderem Dr. Sebastian Kampe, Bürgermeister in Rot am See: Menschen wie Kampe, die sich mit ihrem Namen zu ihren Werten und zur CDU bekennen, seien wichtiger denn je. Die CDU sei immer dann stark, wenn sie ganz Kommunalpolitik und in der Fläche präsent sei. „Christdemokraten denken ihr Land nicht zentral.“

Der Handyladen tut’s nicht

Für Hagel ist es höchste Zeit, miteinander zu sprechen im Land. Darüber etwa, „wie Wohlstand nicht nur verteilt, sondern erwirtschaftet“ werde. Wenn nicht gefragt werde, woher dieser Wohlstand komme, sei er „irgendwann weg“. Der Gast führt das Beispiel der „neuen Seidenstraße“ Chinas an, eine Kontinente querende Handelsroute, die er „größtes Infrastrukturprojekt der Neuzeit“ nennt: „Diese Straße kennt nur einen Weg.“ Deutschland, das doch auf den Export angewiesen sei, konsumiere in diesem Modell nur. Hagel: „Es ist keine volkswirtschaftliche Wertschöpfung, wenn der Handyladen in Ehingen eine gesprungene Scheibe an meinem iPhone repariert.“

„Geplatzte Blasen“

Sicherheit an die USA geknüpft, Energie an Russland, chemische und industrielle Vorproduktion an China: „Alle drei Blasen sind geplatzt.“ In dieser Situation stellt Hagel mit Blick auf Straßennamen und Gendern die Frage, ob in Deutschland derzeit „die richtigen Diskussionen geführt“ werden. In diesem Zusammenhang erinnert der Schwabe an die Entwicklung Baden-Württembergs, das vom „bettelarmen Agrarstaat“ zu einer der prosperierendsten Regionen Europas wurde. Über Generationen hinweg habe man hier karge, steinige Böden mit dem Willen zur Leistung kompensiert: „Schaff was, streng dich an“. Und man erfinde etwas, ums leichter zu machen. „Das Auto wurde nicht entwickelt, weil Kutschen verboten waren.“

Neben mehr Fleiß wünscht sich Hagel die Zuversicht, dass sich Probleme lösen lassen. „Niemand, der bei Verstand ist, leugnet die Klimaveränderung“, so Hagel und bekennt sich unter anderem zu Biodiversität und Artenvielfalt. Er meint aber auch, die Landwirtschaft sei nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Normen, Regulierungen und Verbote sowie das Zurückfahren der Wirtschaft führe zu Verarmung, nicht aber zu einem Wirtschaftsmodell, in dem mit grüner Technik und Innovationen Geld verdient und das Ausland überzeugt werden könne. „Wir müssen mehr auf Ingenieure hören, weniger auf Ideologen.“

„Frevel an allen Fleißigen“

Immer wieder spricht der Gastredner vom Fleiß. Diejenigen, denen es nicht gut gehe, verdienten Solidarität. Das Bürgergeld aber ist für Hagel ein „Frevel an allen Fleißigen“, über die im Übrigen viel zu wenig gesprochen werde. Entschieden wendet sich er sich auch gegen den Versuch, „Menschen in Schablonen zu pressen“. Gelassenheit sei gefragt, nicht jede Frage müsse moralisch überhöht werden. „Die Ampel macht nur Kompromisse mit sich, nicht mit den Menschen“: Mit diesem Vorwurf blickt Hagel auf die Sorgen in der Landwirtschaft. „Unsere Bauernfamilien sind keine Rechtsextremen.“

Absage an „rechte Spinner“

Bei der Migration tritt Hagel für eine Obergrenze ein; Belastungsgrenzen seien erreicht. Die Hürden für diejenigen, die hier arbeiten wollten, seien zu hoch, für diejenigen, die ins Sozialsystem einwanderten, aber zu niedrig. Wenn die politische Mitte diese Probleme nicht erledige, „haben diese Probleme das Potenzial, die politische Mitte zu erledigen“. Die AfD – von Hagel mehrfach „die Freaks von der AfD“ genannt – müsse mit Argumenten geschlagen werden, nicht, indem Debatten tabuisiert werden.

„Partei des Anstands“

Ganz klar bekennt sich der 35-Jährige zum grundsätzlichen Gebot von Anstand, Respekt und Menschenwürde. Er bemüht Andreas Hermes und andere Väter der CDU sowie die Säulen „Familie, soziale Marktwirtschaft, Vereinslandschaft“. Für diese Menschen mache man Politik, freilich nie extrem, nie ausgrenzend. Das unterscheide die CDU, „Partei des Anstands“, von „rechten Spinnern“, die von millionenfacher Deportation schwadroniert hätten: „Denn das ist mit Remigration gemeint.“ Und das dürfe nie wieder auf deutschem Boden passieren.

Die meisten Migranten zeigten wunderbare Aufstiegsgeschichten, so Hagel, „auch für sie sind wir unterwegs“. Wer hingegen „Ausländer raus“ rufe, müsse das nur mal in einem Krankenhaus machen: „Dann können sich das Licht auch gleich ausmachen“. Auf der anderen Seite zeigt Hagel null Verständnis und null Toleranz für diejenigen, die Kalifat und Scharia einführen wollen.

Alles ist eine Frage des Abwägens. Insgesamt setzt Hagel auf „Pragmatismus, gesunden Menschenverstand und Liebe zum Land“. Und auf die CDU als starke politische Kraft der Mitte. Nach seinem Vortrag nimmt er sich Zeit für Fragen. So bestärkt er den Vorsitzenden des neu gegründeten CDU-Ortsverbands Wallhausen, Wilfried Eipper, in dessen Kritik an fehlender Unterscheidung von rechts und rechtsextrem. Die CDU vertritt Hagel zufolge auch Menschen im rechten demokratischen Spektrum.

Geschenke für den Ehrengast

An diesem Abend sind zahlreiche Kandidaten für Gemeinderats- und Kreistagswahl anwesend, die von Manuel Hagel bestärkt werden. Auch Isabell Rathgeb, Vorsitzende der CDU-Fraktion im Kreistag, der Kreisvorsitzende Tim Breitkreuz, Klaus-Jürgen Mümmler, Gastgeber und Vorsitzender des CDU-Stadtverbands, Wolfgang Lehnert, Vorsitzender der Gemeinderatsfraktion, und der Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten ermutigen die Kandidaten. Manuel Hagel wird beschenkt.

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