Sicher ist: Sicher ist nichts
Wenn der Wert eines Unternehmens schneller steigt als die gesamte Wirtschaftsleistung, ist dieses Unternehmen entweder sehr erfolgreich – oder Spekulanten vermuten, dass dieses Unternehmen in Zukunft stark im Wert steigen wird und kaufen es darum. Kann klappen, muss aber nicht. Gold ist kein Unternehmen, hat dieses Jahr aber trotzdem um rund 50 Prozent in seiner Handelswährung US-Dollar zugelegt. Das riecht schwer nach Spekulation. Sollte man da noch einsteigen?
Obwohl es keinerlei Nutzwert hat, gilt Gold schon immer als letzte Sicherheit. Anlageberater empfehlen deshalb eine Beimischung von 10 Prozent Gold in das Vermögen. Eine echte letzte Sicherheit war Gold allerdings nie. Mit dem „Goldverbot“ kann auch der Staat zugreifen und zum Verkauf an ihn zwingen. Das ist gar nicht so kompliziert und schon öfter geschehen. In den USA war das zuletzt 1933 der Fall.
Es gibt inzwischen eine vielfache Blasenbildung an den Märkten. Das hat damit zu tun, dass die Investoren dieser Welt seit Ausbruch der Finanzkrise von den Zentralbanken mit Geld überschüttet wurden, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Das Geld sollte längst wieder eingezogen sein, aber dann kam wie üblich was dazwischen.
Die große Geldblase existiert weiterhin, und darin haben sich weitere Blasen gebildet: Krypto, Aktien, Inflation, jetzt auch Gold. Rechercheure der Deutschen Bank weisen darauf hin, dass große Zentralbanken gerade den Anteil von Gold in ihren Sicherheiten erhöhten und Dollar-Reserven entsprechend verringerten. Der starke Preisanstieg ließe sich aber nur durch zusätzliche Käufe privater Investoren erklären. Analysten der Großbank Goldman Sachs gehen von einem Goldpreis von 4900 US-Dollar je Unze Ende 2026 aus.
Lohnt sich das Risiko? Für Spekulanten vielleicht. Anleger könnten stattdessen auch solche Aktien wählen, die eine jährliche Dividende von etwa 5 Prozent versprechen. Am Ende steht die Sicherheit: sicher ist nichts.
Unser Autor Matthias Brendel, Jahrgang 1960, investigativer Finanzjournalist für „Spiegel“, „Focus“ und andere Publikationen. Er schildert seine Beobachtungen zum Finanzmarkt exklusiv für die Leserinnen und Leser der SÜDWEST PRESSE. Seine Kolumne erscheint einmal monatlich an dieser Stelle.
Lohnt sich das Risiko? Vielleicht für Spekulanten. Anleger könnten Aktien wählen.