Illegale Sperrmüll-Sammler
Da hinten hält schon wieder ein weißer Transporter. Zwei Männer steigen aus und durchstöbern den Sperrmüll, der am Rande des Bürgersteigs liegt. Ein paar Dinge packen sie ein. Und bald darauf auch schon wieder aus – bei einer Kontrolle der Polizei, die an diesem Nachmittag in Eggenstein-Leopoldshafen bei Karlsruhe illegalen Sperrmüll-Sammlern das Handwerk legt.
Es gehe um gewerbliche Sammlungen, erklärt Einsatzleiter Henning Kestler. Also: „Wenn es mehrere Sachen sind und das Ganze auch gezielt und koordiniert vor sich geht.“ Der Leiter des Ordnungsamts der Gemeinde, Philipp Jänicke, sagt: „Es werden die bereitgestellten, sortierten Abfallhaufen durchwühlt nach wertvollen Gegenständen.“
Polizeioberkommissar Kestler und sein Team haben allerhand zu tun. Kollegen in Zivil halten im Wohngebiet Ausschau nach auffälligen Transportern, machen Fotos und dokumentieren, was die Verdächtigen herauspicken. Das melden sie Motorradpolizisten, die die Fahrzeuge abfangen und zur Kontrollstelle bringen. Die ist heute bei der Feuerwehr eingerichtet. Im Laufe des Nachmittags stehen die Transporter Schlange. „Jetzt geht‘s aber auch rund hier“, stellt Kestler fest. Die Betroffenen müssen selbst den eingesammelten Kram ausräumen: eine Badewanne, Fahrräder und Rasenmäher sind dabei, alte Elektrogeräte, viel Metall und Kabel.
Bei Schrotthändlern solle das zu Geld gemacht werden, weiß Susanne Pontius vom Amt für Umwelt und Arbeitsschutz des Landratsamts Karlsruhe. Das belegten Quittungen. „Es geht nicht darum, die Sachen zu reparieren“, so Pontius. Doch gerade Kleingeräte müssten eigentlich fachgerecht entsorgt werden – wegen darin enthaltener Schad- und Rohstoffe. Was nicht verkauft werden kann, lande häufig auf der grünen Wiese oder im Wald.
Ordnungsamtsleiter Jänicke sagt: „Wir stellen fest, dass an den Tagen nach der Sperrmüllsammlung die Beschwerden über illegal abgelagerten Müll zunehmen.“ Mit großem Aufwand und auf Kosten der Allgemeinheit müsste der Krempel wieder eingesammelt werden. Der Bauhof plane schon für den Tag nach der Sperrmüllsammlung extra Trupps dafür ein.
Pontius vom Landratsamt überprüft die Ladungen und setzt die Höhe der Bußgelder fest. Es geht um Ordnungswidrigkeiten, um Verstöße gegen das Elektrogesetz und das Landeskreislaufwirtschaftsgesetz. Sie schaut vor allem auf die Menge an Altmetall und Elektrogeräten. „Besonders viel Geld bekommt man für die weiße Ware“, erklärt Pontius und meint etwa Kühlschränke und Waschmaschinen. „Deswegen zählen die mehr.“
Für eine Transporter-Ladung, für die die Betroffenen laut Pontius beim Schrotthändler ein paar Hundert Euro bekommen könnten, legt sie ein Bußgeld von 1000 Euro fest. Immer wieder tauchten Sammler auf, die sie von früheren Kontrollen kenne. „Das ist dann Vorsatz.“ Das Bußgeld werde dann meist verdoppelt.
Bei Gegenständen wie Fahrrädern suchen die Beamten nach einer Rahmennummer. Dann überprüfen sie, ob es sich zum Beispiel um Diebesgut handelt. Entwarnung gibt Kestler für Menschen, die im Vorbeilaufen ein mögliches Schätzchen in einem Sperrmüllhaufen entdecken oder etwas, das sie gut gebrauchen können: Privatpersonen dürften einzelne Gegenstände mitnehmen.
Die Laune der kontrollierten Sperrmüll-Sammler ist angesichts der Überprüfung im Keller. Mal hört man das, wenn einer den Kram missmutig fallen lässt und das Metall auf den Boden scheppert. Mal werden die Diskussionen mit den Beamten lauter. „Diese Gespräche laufen immer sehr emotionsgeladen“, sagt einer der Polizisten. Es gehe ums Fahrzeug und teilweise um eine beträchtliche Summe Geld. „Das nimmt keiner so einfach hin.“ Ganz selten eskaliere eine Kontrolle.
Viele Kontrollierte hätten keinen festen Wohnsitz in Deutschland. Dann werde das Bußgeld als Sicherheitsleistung vorab erhoben – um nicht das Nachsehen zu haben, wenn die Personen im Nachhinein nicht mehr greifbar sein sollten.
Generell laufen die Gespräche holprig. Viele Kennzeichen der abgefangenen Transporter stammen aus Osteuropa. Die wenigsten Menschen – darunter viele Männer, wenige Frauen und ein Junge – sprechen Deutsch. Und das nur gebrochen. Wenn es an die Formalien geht, helfen sich die Beamten mit Übersetzungs-Apps. „Selbstverständlich haben wir aber auch alle Dokumente noch in den verschiedenen Sprachen, die uns hier heute begegnen können, dabei.“
Kann jemand das Geld nicht zahlen, wird das Fahrzeug vorläufig einbehalten. Zu Fuß weiterziehen müssen auch jene, deren Transporter wegen technischer Mängel nicht weiterfahren darf. Gleich drei Fahrzeuge zieht die Polizei aus dem Verkehr.
Dass viele Kontrollierte bekannte Gesichter für die Behörden seien, räumen alle ein. „Tatsächlich ist es so, dass wir vielleicht noch bei der nächsten Sperrmüllsammlung einen gewissen Effekt sehen“, sagt Ordnungsamtsleiter Jänicke. „Ehrlicherweise lässt es dann auch wieder nach.“ Es aber wichtig, solche Kontrollen regelmäßig und flächendeckend durchzuführen. „Denn nur so werden wir es schaffen, die Situation nachhaltig auch zu verbessern.“
Kontrollen Fahrräder, Fernseher, Waschmaschinen: Die Polizei stoppt und überprüft Gruppierungen, die den Abfall zu Geld machen wollen.
Bereitgestellte Abfallhaufen werden durchwühlt nach wertvollen Gegenständen. Philipp Jänicke Leiter Ordnungsamt