Geschlossen an den Bosporus

  • Jetzt kann nichts mehr schiefgehen: Angelo Stiller (links, VfB Stuttgart) feiert sein Tor zum 3:0 mit den Kollegen. Swen Pförtner

VfB Stuttgart Starke Leistung: Nun reist der VfB mit noch mehr Selbstvertrauen zum Europa-League-Duell bei Fenerbahce Istanbul.

Die Tabelle interessiert nicht. Auch wenn sie im Augenblick noch so schön aussieht für den VfB Stuttgart – mit Rang drei in der Fußball-Bundesliga. Das haben nach dem souveränen 3:0-Sieg beim VfL Wolfsburg sowohl der Trainer als auch der Sportchef betont. Sebastian Hoeneß geht es in seinen Einschätzungen zwar immer um positive Ergebnisse, aber auch deshalb, weil der 43-Jährige nur so die nötige Zeit zur Entwicklung des Teams erhält. „Ich werde das gebetsmühlenartig wiederholen“, sagt der Chefcoach, „wir haben noch immer eine junge Mannschaft und müssen weitere Schritte gehen, um konstanter zu werden. Wir müssen uns dazu Schärfe und Wachsamkeit bewahren, um uns weiterzuentwickeln.“

Für Fabian Wohlgemuth bildet die Tabelle am siebten Spieltag klischeehaft nur eine Momentaufnahme, kein festes Gebilde mit starker Aussagekraft. „Wichtig ist, dass die Mannschaft eine dominante, konsequente und leidenschaftliche Leistung geboten hat. Das zeigt sich auch an der Laufleistung“, sagt der Sportvorstand. 123 Kilometer haben die Stuttgarter in der Volkswagen-Arena abgespult. Trotz des vielen Ballbesitzes (57 Prozent) 3 mehr als die Wolfsburger, und sie mussten gegen schwache Gastgeber nicht einmal an ihre körperliche Leistungsgrenze gehen. Fast seelenlos trat die gesichtslose Elf von VfL-Trainer Paul Simonis an, der nach dem Abpfiff enttäuscht dasaß: „Wir waren nicht gut genug. Wir waren weit davon entfernt, dem VfB etwas entgegensetzen zu können.“

Weder läuferisch noch spielerisch. Die Gäste beherrschten mit einem starken Angelo Stiller das Mittelfeld. Und der 24-Jährige hatte bei allen VfB-Toren seinen feinen, linken Fuß im Spiel. Das 1:0 durch den Kopfball von Tiago Tomas bereitete er mit einer präzisen Flanke nach einem kurz ausgeführten Eckball vor. Den zweiten Treffer erzielte Maximilian Mittelstädt, nachdem Stiller zuvor noch abgeblockt wurde (55.). Und zum Endstand traf der Stratege selbst nach Vorarbeit von Bilal El Khannouss (80.).

Dadurch gelang den Stuttgartern der vierte Ligasieg nachein­ander. Eine Erfolgsserie, die es in der Vorsaison nicht gegeben hatte und die aktuell nur vom Spitzenreiter FC Bayern übertroffen wird. 15 Punkte haben die Hoeneß-Schützlinge mittlerweile erspielt und damit 6 mehr als zum vergleichbaren Zeitpunkt vor einem Jahr. Vielmehr erinnert der momentane Lauf an die außergewöhnliche Spielzeit der Vizemeisterschaft, als der VfB nach sieben Spieltagen 18 Zähler aufwies und Zweiter war.

Doch die guten Kontrahenten kommen erst noch und bis dahin wollen die Stuttgarter sowohl ihre Position als auch ihre Ambitionen untermauert haben. „Es war diesmal ein erwachsener Auftritt von uns und es ist auch ein Stück Erleichterung im Spiel, weil wir in der jüngeren Vergangenheit aus unserer Dominanz nicht immer Kapital geschlagen haben“, sagt Mittelstädt.

Hoeneß hatte bei den Niedersachsen in der Abwehr von Vierer- auf Dreierkette umgestellt und im Angriff neben Tiago Tomas noch Nikolas Nartey aufgeboten. Nach mehr als zwei Jahren stand der Däne erstmals wieder in der Startelf und erfüllte seine Aufgabe als offensiver Anläufer der VfL-Verteidiger sehr ordentlich. „Es ist keiner abgefallen. Wir sind sehr geschlossen aufgetreten“, sagt Mittelstädt, der ein „gutes Gefühl“ an den Bosporus mitnimmt. Mit neuem Selbstvertrauen will der VfB die nächste Reifeprüfung in der Europa League bei Fenerbahçe Istanbul angehen. „Wir haben jetzt in wenigen Wochen viele Spiele zu absolvieren und da ist es wichtig, dass alle Spieler im Rhythmus bleiben“, sagt Wohlgemuth.

Deshalb verteilt Hoeneß die Einsätze und ließ Deniz Undav nach einer Knieverletzung zunächst auf der Bank sitzen. Am Donnerstagabend kann das schon wieder anders aussehen. Der Trainer wird dann wieder an einer Aufstellung tüfteln, die zum einen den verletzten Torjäger Ermedin Demirovic kompensiert, zum anderen aber ebenso Ergebnis und Entwicklung auf passende Weise miteinander verbindet.

Wir müssen uns Wachsamkeit und Schärfe bewahren, um uns weiterzuentwickeln.Sebastian Hoeneß Trainer VfB Stuttgart

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