Eröffnung für Herbst 2026 geplant
Städtebau Die Erweiterung der Kunsthalle Würth um 600 Quadratmeter liegt im Zeitplan. 18 Meter vom Boden bis zur Decke: Ein Baustellenrundgang vermittelt das neue Raumgefühl.
Von außen betrachtet fügen sich die neuen Baukörper in die kleinteilige Katharinenvorstadt ein. Verwinkelte Dachflächen, kleine Kubaturen. Doch im Innern eröffnen sich riesige Räume. Das Büro Henning Larsen aus München hat dieses Kunststück vollbracht. Es erinnert an das Computerspiel Tetris, bei dem verwinkelte Körper in bestehende Strukturen einzufügen sind. Der Trick: Die kleinen, neuen Baukörper wirken nur nach außen wie getrennte Einheiten. Innen hängen sie zusammen. Sie ermöglichen später einen harmonischen Rundgang durch die Ausstellung. Bisher endet ein Besuch quasi in einer Sackgasse. Kunstinteressierte müssen manche Wege zweimal gehen.
50 Arbeiter am Werk
Bis es so weit ist, schrauben Bauarbeiter provisorische Holzgeländer für einen bald hinter Türen versteckten Lastenaufzug an. Der transportiert später einmal die Kunstwerke durchs Haus. Andere Arbeiter bringen Deckenelemente an, die sowohl wärmen als auch kühlen können, erläutert Paul Krämer, der Baukoordinator des Würth-Konzerns. Doch trotz riesiger, innenliegender Gerüste, kann man jetzt schon das neue Raumgefühl erahnen.
„18 Meter, vom Boden bis zum Giebel reicht das“, erläutert Architektin Juliane Demel von Henning Larsen Architects aus München. Sie zeigt auf einen großzügigen Raum, der eine Treppe zurück zum Eingangsfoyer samt Shop beinhaltet. Eine kleine unterirdische Kathedrale des Lichts. Denn von oben scheint die Sonne rein. Zum Vergleich: Das Neue Globe misst innen vom Boden bis zum Dach zwölf Meter.
„Wir sind froh und stolz, dass wir zum 25-Jahr-Jubiläum der Kunsthalle Würth die Erweiterung einweihen können“, sagt Maria Würth. 51 Ausstellungen hätten bisher fünf Millionen Besucher nach Hall gelockt. Die Enkelin von Reinhold Würth ist Geschäftsbereichsleiterin Kunst und Kultur in der Würth-Gruppe. Sie hat es sich zum Presserundgang nicht nehmen lassen, den jüngsten Nachwuchs der Würth-Familie in der umgebundenen Babytrage mitzubringen. Es ist die sechswöchige Pamina, die sich beim Pressetermin schon bemerkbar macht. Die jetzige Erweiterung ist außerdem nicht die erste. Schon 2004 wurden die 2000 Quadratmeter der Kunsthalle um die Galerie unter dem Sudhaus mit ihren zusätzlichen 600 Quadratmetern erweitert. Nach der jetzigen Erweiterung werden die Werke auf insgesamt 3200 Quadratmetern gezeigt. Hinzu kommen Büros, neue Räume für die Kunstvermittlung, ein wesentlich größerer Eingangsbereich samt Shop und ein separates und damit auch größeres Café im heutigen Foyer.
Flaggschiff in Hall
„Es ist unser Flaggschiff der Museen in Deutschland und in Europa“, sagt Maria Würth. Großvater Reinhold Würth (90) sei sehr interessiert am Baufortschritt, rede auch bei Entscheidungen bei der Ausstattung und der Fassade mit. Diese bestehe weiterhin aus heimischem Muschelkalk, wird allerdings etwas feingliedriger als die bisherigen Außenflächen. „Heute Morgen hat er schon angerufen und gefragt, ob das Dach dicht sei“, streut Paul Krämer anekdotisch ein. „Es ist dicht.“ Und das, obwohl der Rohbau gerade erst zum Abschluss kommt. Reinhold Würth ist dafür bekannt, dass er sich nicht auf Chefetagen zurückzieht, sondern sich auch um Details vor Ort kümmert.
Ins Mittelalter gebaut
„Die innenstädtische Situation ist wundervoll aufgenommen worden. Städtebaulich fügt es sich wundervoll und modern in die historische Altstadt ein“, freut sich Sylvia Weber, Intendantin Kultur bei Würth. Reinhold Würth, Ehrenbürger der Stadt Hall, wolle damit ein Zeichen setzen und letztendlich ein Vermächtnis hinterlassen. Sie rechnet mit weit mehr Besuchern, die bei weiterhin freiem Eintritt die Kunst genießen können. Zwischen 250.000 und 300.000 Besuchern jährlich, und damit rund ein Drittel mehr als jetzt, würden erwartet. Den Anfang mache eine große Schau mit Werken von Anselm Kiefer Ende September oder Anfang Oktober 2026. Die Sammlung Würth selbst zähle 60 Werke dieses Künstlers, weitere Leihgaben werden zu sehen sein. Es handelt sich teilweise um riesige Formate, die den neuen Raum füllen werden.
Neuester Stand der Technik
„Es wird nicht nur an der Erweiterung gearbeitet. Auch die bestehende Kunsthalle wird auf den neuesten Stand gebracht“, erläutert Maria Würth. Das sei auch nötig, um Leihgebern perfekte Raum-Bedingungen für die Kunst zu garantieren. „Daher müssen wir die Kunsthalle sechs Monate lang schließen“, kündigt Weber an.
Vom 9. Februar 2026 bis zur Neueröffnung bleiben die Türen zu. Zum Ausgleich wurden jetzt schon die Öffnungszeiten der Johanniterkirche auf sieben Tage in der Woche ausgeweitet. Bis dahin ist die bestehende Kunsthalle – trotz Baustelle – noch geöffnet.
Rund 20 Millionen Euro kostet die Erweiterung, die Modernisierung des Bestands ist da noch gar nicht eingerechnet. Derzeit arbeiten bis zu 50 Handwerker auf dem Bau. Gute Nachrichten für die Anwohnenden: Der schlimmste Lärm ist vorbei. „Wir versuchen jetzt, die Fassaden schnell zu schließen“, sagt Architekt Tim Ebbert aus der Bauleitung der Firma Ernst-Quadrat. Er stehe in enger Abstimmung mit den Bürgerinnen und Bürgern. Die ganze Baulogistik abzuwickeln, sei eine Herausforderung. Der Baulärm sei nicht zu vermeiden gewesen.
Baubürgermeister Peter Klink ist beim Rundgang durch den Rohbau dabei: „Die Kunsthalle Würth ist jetzt schon ein großer Anziehungspunkt. Ich halte die Erweiterung für eine große städtebauliche Aufwertung, eine wunderbare Arrondierung des Areals.“ Er ist sich sicher: „Nicht nur die Kunst, auch die Architektur wird ein Anziehungspunkt werden.“