Ein 10-Megawatt-Elektrolyseur

  • Großer Bahnhof in Schwäbisch Gmünd: OB Richard Arnold, Umweltministerin Thekla Walker, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Lhyfe-CEO Matthieu Guesne und Landrat Joachim Bläse bei der Eröffnung der Lhyfe-Wasserstoffproduktionsanlage (v.l.n.r.) Foto: Theo Westermann
  • Blick auf die Wasserstoff-Produktionsanlage des französischen Unternehmens Lhyfe in Schwäbisch Gmünd. Foto: Theo Westermann

Grüner Wasserstoff Die nach Unternehmensangaben größte Produktionsstätte dieser Art in Deutschland startet in Schwäbisch Gmünd den Testbetrieb.

Vor der Ansprache geht es erst mal mitten rein in die Technik, die notwendig ist für die Produktion von Wasserstoff: Zwischen blitzenden Rohrleitungen und fünf sogenannten Elektrolyseuren in riesigen aufeinander gestapelten Containern lassen sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Umweltministerin Thekla Walker (beide Grüne) erstmal von Matthieu Guesné, CEO des französischen Unternehmens Lhyfe, die komplexe Anlage zeigen. Sie ist in den vergangenen zwei Jahren im Gewerbegebiet von Schwäbisch Gmünd aufgebaut worden. Es ist der erste Produktionsstandort des Unternehmens außerhalb Frankreichs.

Später im Festzelt gibt es politische Bekenntnisse vom Ministerpräsidenten. „Es braucht Elektrolyseure, um Wasserstoff wirtschaftlich nutzen zu können“, sagt Kretschmann. Es brauche aber nicht nur die Technik, sondern auch die Anbieter und die Kunden, um den dringend notwendigen Hochlauf der Wasserstofftechnologie voranzubringen. Man müsse im Grunde in kurzer Zeit ein funktionierendes System aus dem Boden stampfen.

Ein Elektrolyseur ist eine Art elektrochemisches Gerät, das mit elektrischer Energie Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet – die Energie dafür soll vorzugsweise aus regenerativen Quellen kommen. Wasserstoff gilt als eine Art Gamechanger für die Energiewende. Und natürlich müssten die regulatorischen Rahmenbedingungen stimmen, betonen sowohl Kretschmann wie später auch Ministerin Walker. Es brauche das Wasserstoff-Kernnetz und da, wo dieses nicht hinkomme, lokale Produktionsstätten.

Seit einigen Monaten läuft die Anlage von Lhyfe in Schwäbisch Gmünd im Testbetrieb, dieser wurde am Dienstag offiziell gestartet. Bereits jetzt verkauft das Unternehmen, das Marktführer in Frankreich ist, vor Ort bereits Wasserstoff aus anderen Produktionsorten in Deutschland, der den Kunden in speziellen Containern ausgeliefert wird. „Man muss den Markt vorbereiten“, erklärt dies ein Unternehmenssprecher.

Oberbürgermeister Richard Arnold (CDU) ist die Freude über die Standort-Wahl anzusehen. „Heutzutage sind wir froh, wenn in Deutschland was passiert, und wenn es dann hier passiert, umso besser. Hier beginnt die Zukunft“, sagt er gegenüber unserer Redaktion. Vom Ministerpräsidenten bekommt die Stadt viel Lob: „Alle haben hier bei diesem Projekt an einem Strang gezogen.“

Der 10-Megawatt-Elektrolyseur in Schwäbisch Gmünd soll mit Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen täglich bis zu vier Tonnen grünen Wasserstoff produzieren und den benachbarten geplanten Industriepark „H2-Aspen“ versorgen. Dieser ist in Planung, noch fehlt aber der Satzungsbeschluss, erklärt Wirtschaftsförderer Alexander Groll. „Die Wiese ist schon da.“

Das Projekt, das unter anderem mit Mitteln des Landes und der EU finanziert wurde, soll die Wirtschaftlichkeit von Wasserstofflösungen im Verkehrs- und Industriesektor demonstrieren. Dahinter steht neben dem französischen Konzern ein Konsortium aus Kreisen, Städten und Institutionen der Region Mittlere Alb-Donau-Ostwürttemberg, das sich vor Jahren erfolgreich als „Modellregion Grüner Wasserstoff“ um 48 Millionen Euro Fördermittel beworben hatte.

Bis 2027 wollen die Beteiligten unter dem Namen „H2-Wandel“ zusammen mit der Industrie in vier Demoprojekten neben der Wasserstofferzeugung, Speicherung, Lagerung und Transport sowie Betankungs- und Anwendungsmöglichkeiten voranbringen.

Dass die Bäume zunächst nicht in den Himmel wachsen, weiß auch der Ministerpräsident. Der ursprüngliche Investor der Wasserstofftankstelle sei abgesprungen, auch könnten es noch mehr Investoren im Gewerbegebiet sein. Kretschmann ist dennoch überzeugt: „Wenn der Elektrolyseur erst mal in Betrieb gegangen ist, wird sich das Blatt aber wenden.“

Der CDU-Energieexperte Raimund Haser hat gegenüber unserer Redaktion das Projekt ebenfalls ausdrücklich begrüßt. „Ich bin froh über jeden Elektrolyseur, jedes Wasserstoffnetz, jede Brennstoffzelle.“ Man spüre überall, dass die Bereitschaft der Wirtschaft zu investieren groß sei. Allerdings: Deutschland sei zwar technologisch vorne mit dabei, gleichzeitig sehe man aber auch, dass sich wegen der Rahmenbedingungen so mancher aus der Szene wieder verabschiede.

Wasserstoff ist aber auch in Baden-Württemberg noch eine Gleichung mit vielen Unbekannten. Eine davon nennt Walker: „Das Damoklesschwert für die Wasserstoff-Wirtschaft im Land ist die Hängepartie des von der Bundesregierung verschleppten Kraftwerksicherheitsgesetzes.“ Die darin vorgesehenen Backup-Kraftwerke müssten vom Bundeswirtschaftsministerium so ausgeschrieben werden, dass der Markt verbindlich weiß, ab wann diese von Gas auf Wasserstoff umgestellt werden. Diese „H2-ready“-Kraftwerke würden als Ankerkunden gebraucht, damit sich die Investitionen in das Wasserstoff-Kernnetz lohnten.

Das Projekt wurde unter anderem mit Mitteln des Landes und der EU finanziert.

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