Armer reicher Klingbeil

  • Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) nimmt Schulden in Rekordhöhe auf, um des Bundeshaushalts Herr zu werden. Foto: Ralf Hirschberger/AFP

Haushalt Die Steuerschätzung könnte dem Bundesfinanzminister ein wenig Luft verschaffen. Doch die hohen Schulden, die jetzt angehäuft werden, stellen Deutschland vor Probleme.

Der Kabarettist Rainald Grebe hat einmal eine spöttische Hymne über den früheren sozialdemokratischen Finanzminister Hans Eichel (SPD) geschrieben. „Hans Eichel hat drei Töchter“, heißt es darin. „Die spielen gern im Garten.“ Und weiter: „Die Töchter heißen alle Hans. Das spart Visitenkarten.“

SPD-Chef Lars Klingbeil ist der Finanzminister, der in einem gigantischen Ausmaß Schulden aufnimmt. Und dennoch muss er dafür kämpfen, dass in den Ministerien zugleich kräftig eingespart wird. Das gilt auch dann, wenn die Ergebnisse der Steuerschätzung für den Finanzminister am Donnerstag einigermaßen günstig ausfallen.

Der Grund: Die Schulden, für die Klingbeil und Kanzler Friedrich Merz (CDU) verantwortlich zeichnen, sind erstens dazu da, dass die Bundeswehr gestärkt wird und ihren Aufgaben in der Nato nachkommen kann. Zweitens soll mit ihnen der Investitionsrückstand im Land aufgeholt werden. Dafür wurde eigens das Grundgesetz geändert. Das Geld ist aber – auch wenn die Politik einen gewissen Spielraum hat – zweckgebunden. Das bedeutet: Im eigentlichen Haushalt muss gespart werden, zumal aus ihm nun teure Wahlversprechen finanziert werden sollen wie die von der CSU durchgesetzte Ausweitung der sogenannten Mütterrente.

34 Milliarden Euro beträgt bislang die Haushaltslücke für das Jahr 2027. Für die Jahre 2027 bis 2029 sind es, Stand jetzt, sogar 172 Milliarden Euro. Ein gigantisches Loch. Es dürfte etwas kleiner werden, wenn sich als richtig herausstellt, was das „Handelsblatt“ aus Regierungskreisen über die Steuerschätzung berichtet hat. Demnach könnten Bund, Länder und Kommunen in den Jahren 2025 bis 2029 um die 100 Milliarden Euro mehr einnehmen als noch bei der Steuerschätzung im Mai vorhergesagt.

Egal wie die Prognose genau ausfällt, das Loch im Etat für 2027 dürfte noch immer groß genug sein. Der Drang der einzelnen Minister, doch mehr auszugeben als erwünscht, wird aber wachsen. Die Aufgabe für Finanzminister Klingbeil wird also nicht leichter.

Ein langjähriger Haushälter aus dem Bundestag beschreibt es so: Natürlich sei es bei einer günstigen Steuerprognose leichter, das eine oder andere Loch konfliktfrei zu stopfen. Doch es passiere dann auch Folgendes: „Jede Ministerin und jeder Minister strengt sich ein bisschen weniger an, Geld einzusparen – ohne dass sie oder er das sagen würde.“ Das zusätzliche Geld sei in Windeseile weg. Dabei werden die in den kommenden Jahren anwachsenden Schulden es ohnehin nötig machen, dass Deutschland in der Haushaltspolitik umsteuert.

Es gibt drei große Herausforderungen, vor denen die jetzige Bundesregierung und auch mögliche Nachfolgeregierungen durch die aktuelle Schuldenpolitik stehen. Erstens: Das Geld, das Deutschland nun auf Pump investiert, muss auch massiv zusätzliches Wachstum generieren. Sonst wird es für Deutschland schwierig, die Schulden zurückzuzahlen. Sie sind mit einer hohen Zinslast verbunden.

Es gibt viele Risiken für die deutsche Wirtschaft, auf die auch die Bundesregierung wenig Einfluss hat. Das gilt besonders für die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump – und die Frage, welche Folgen sie für die Weltwirtschaft hat.

Zweitens wird der demografische Wandel in den kommenden Jahren immer größere Steuerzuschüsse in die Sozialversicherungen nötig machen. Abgemildert werden kann dies nur durch Reformen, die vielen wehtun würden – und auf die sich Union und SPD deshalb nur unter Schwierigkeiten werden einigen können. Die Zuschüsse zur Rente sind schon jetzt ein riesiger Posten im Bundeshaushalt. Die Geldprobleme in der Kranken- und Pflegeversicherung sind akut.

Drittens stellt sich die Frage, ob die Finanzierung eines wichtigen Teils der Verteidigungsausgaben dauerhaft über Schulden erfolgen kann. Die beschlossene Änderung an der Schuldenbremse im Grundgesetz macht das zwar möglich. Doch gehört sie nicht auf mittlere und längere Sicht auch wieder komplett in den Kernhaushalt?

Sparen wie Eichel

Der Bund der Steuerzahler hat hier eine eindeutige Meinung: „Verteidigung ist eine der zentralen Kernaufgaben des Staates, die aus den laufenden Einnahmen finanziert werden muss“, sagte Präsident Reiner Holznagel dieser Zeitung. „Da sollten wir möglichst schnell wieder hinkommen – das sollt mit Blick auf neue Rekorde bei den Steuereinnahmen auch möglich sein“, fügte er hinzu.

Klar ist: Lars Klingbeil wird in den kommenden Jahren viel Geld ausgeben. Gleichzeitig muss er sparen wie Hans Eichel. Und seine Nachfolger werden es ebenfalls tun müssen.

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