„Groteske, die die Bahn hier aufführt“

  • Vom kommenden Sommer an geht's mit den neuen ICE-L vom Ruhrgebiet nach Oberstdorf, diese Züge halten dann allerdings nicht mehr in Göppingen. In Plochingen schon, dort darf aber niemand ein- oder aussteigen. Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP

Fernverkehr Im Ausschuss des Kreistags berichtet der Verkehrsplaner von kuriosem Langzeit-Stopp mit Lokomotiv-Wechsel.

Kreis Göppingen. Auf Bahnpendler und Reisende im Filstal kommen harte Zeiten zu. Das hat Jörg-Michael Wienecke jetzt nochmals im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags bekräftigt: „Die Baustellensituation wird sich jetzt im Herbst nochmals verschärfen und dann 2026 ganz massiv durchschlagen“, kündigte der Leiter des Amts für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur des Landkreises an. Schon länger bekannt sind die drohenden Probleme, die mit der teilweisen Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2026 einhergehen.

Doch nun komme eine weitere Herausforderung hinzu: Ein Zug des Betreibers Arverio sei verunglückt und könne auch so schnell nicht repariert werden. Es gibt laut Wienecke auch keinen Ersatz, was die Probleme auf der Filstalbahn weiter verschärfe. Zwar gebe es Firmen, die Mietzüge anböten. Doch eine Anfrage, ob ein Ersatz vorgesehen sei, wurde laut Wienecke bislang noch nicht beantwortet.

Der Verkehrsplaner thematisierte auch den Fernverkehr. Bereits bekannt ist, dass der letzte Intercity, der täglich nach Oberstdorf fährt, vom kommenden Sommer an wegfällt. Doch vom Fahrplanwechsel 2026/27 an werde es dann überhaupt keinen Zug mehr in Richtung Bodensee geben, berichtete Wienecke: „Mit dem neuen Fahrplan werden die Verkehre in Ulm enden.“

Laut der DB wird der Intercity im Sommer durch einen nagelneuen ICE-L ersetzt. Das L steht hier für „low floor“, es handelt sich um Niederflurzüge, die mit einer Lok bespannt sind, keine Triebwagen. Und für diese barrierefreien Züge sind die Bahnsteige in Göppingen zu hoch, deshalb entfällt der Stopp – genauso wie in Plochingen. Dort werden die Züge auf dem Weg vom Ruhrgebiet ins Allgäu dennoch halten, und zwar ganze 30 Minuten. Ein- oder aussteigen darf in Plochingen wegen des zu hohen Bahnsteigs niemand. Aber an dem ICE soll in Plochingen die Lok gewechselt werden, weil die Strecke nach Oberstdorf nicht elektrifiziert ist. Der Verkehrsplaner kann darüber nur den Kopf schütteln: „Wirklich eine Groteske, die die Bahn hier aufführt.“

Übrigens hat die Bahn eigens für die Fahrten nach Oberstdorf und auf die Insel Sylt Zweikraftlokomotiven von Siemens beschafft, die sowohl mit Diesel als auch mit Strom betrieben werden können. Unklar bleibt im Moment, warum diese jedes Mal erst am Bahnhof Plochingen vor den Zug gespannt werden, wenn sie doch ohnehin mit oder ohne Oberleitung fahren können.

Probleme auf der Filstalbahn verschärfen sich.

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