Im Bibliorama gehen die Lichter aus

Bildung Das Bibelmuseum in Stuttgart soll Anfang 2026 geschlossen werden, weil die Landeskirche sparen muss.

Stuttgart. „Wir haben beschlossen, dass es das Bibelmuseum Bibliorama in Stuttgart in seiner jetzigen Form nicht mehr geben wird.“ Es war ein Paukenschlag, formuliert als Randnotiz, was der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl im Sommer verkündete. Ende Januar soll Schluss sein in der Büchsenstraße in Stuttgart.

Das Museum war 2015 eröffnet worden. Hauptgrund für die geplante Schließung sind dem Vernehmen nach Einsparmaßnahmen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, die als Trägerin das Museum finanziert hat und den Betrieb nicht fortsetzen wird. Die Botschaft vom Aus des Museums löste Reaktionen auch jenseits der Grenzen der Landeshauptstadt aus. Damit gehe dem ganzen Land eine bedeutende Einrichtung verloren, sagte Veit Dinkelaker, Direktor des Bibelhaus Erlebnis Museums in Frankfurt am Main. „Das Bibliorama ist ein zukunftsweisender Ort für die Arbeit mit der Bibel als einem Dokument, das unsere Gesellschaft formatiert und prägt.“

In Deutschland gibt es rund 20 Bibelmuseen und -zentren, das Bibliorama in Stuttgart zählt zu den wichtigsten und bekanntesten. All diese Einrichtungen erschließen eines der wichtigsten Dokumente unserer Gesellschaft. „Die Bibel ist voll von Geschichten, in denen Menschen seit jeher ihre Erfahrungen wiederfinden – ganz gleich, ob sie Kirchenmitglied sind“, sagt Christoph Rösel, Generalsekretär der Deutschen Bibelgesellschaft.

Laut Umfragen besitzen in Deutschland sieben von zehn Haushalten mindestens eine Bibel. Und selbst 63 Prozent derjenigen, die nie darin lesen, halten das Werk für eine zentrale Werte- und Normenquelle. „Unsere Vorstellungen von Recht, Freiheit, Menschlichkeit und Vergebung sind durch biblische Texte tief in unser kollektives Bewusstsein eingedrungen“, betont Rösel.

Umso unverständlicher erscheint es vielen, dass nun ausgerechnet das Bibelmuseum in Stuttgart den Sparplänen zum Opfer fallen soll. Herrmann Billmann, stellvertretender Leiter der Bibelgalerie Meersburg, spricht von einer „deutlichen Schwächung der Bibelmuseums-Landschaft“ in Deutschland. Man gebe damit ein „Schaufenster der Kirche hinein in eine offene Gesellschaft“ auf. Damit werde eine Chance aus der Hand gegeben, zu zeigen, „wie verbunden unsere Kultur und Geschichte mit der Bibel nach wie vor sind, selbst wenn die Zahl der Christen schwindet“.

Noch deutlicher wird Michael Tilly, Professor für Neues Testament an der Universität Tübingen und Kuratoriumsmitglied im Stuttgarter Bibelmuseum. „Wenn ein Wirtschaftsunternehmen notwendige Einsparungen vornehmen muss und als erstes aufhört, für sein wichtigstes Produkt zu werben, spart es zwar kurzfristig Geld, aber verkauft langfristig nichts mehr und geht letztendlich pleite“, sagt er. „Diese schmerzliche Lücke wird kaum zu schließen sein.“

VORHERIGER ARTIKEL NÄCHSTER ARTIKEL