Griff nach der US-Notenbank

  • Das Siegel des Federal Reserve System. US-Präsident Donald Trump besetzt den Vorstand mit Loyalisten. Foto: Jose Luis Magana/AP/dpa

Finanzpolitik US-Präsident Donald Trump vereinnahmt die Geldpolitik für seine Zwecke. Damit setzt er eine gefährliche Spirale in Gang.

Die US-Notenbank wird am Mittwoch die zweite Zinssenkung in diesem Jahr beschließen und voraussichtlich im Dezember den Geldhahn weiter aufdrehen. Da niedrigere Zinsen festverzinsliche Wertpapiere weniger attraktiv machen, rechnen Analysten damit, dass die Lockerung der Geldpolitik den Aktienmärkten und somit auch führenden Indexfonds wie dem S&P 500 sowie MSCI World frischen Schwung verleihen wird. Gleichzeitig hängt die zunehmende Politisierung der unabhängigen Notenbank wie ein Damoklesschwert über der Fed. US-Präsident Donald Trump schickt sich nämlich an, den Vorstand mit Loyalisten zu besetzen, die den Geldhahn deutlich weiter aufdrehen. Das aber birgt große Gefahren.

Bereits während des Wahlkampfs im vergangenen Jahr hatten Berater des damaligen Präsidentschaftskandidaten ein Konzeptpapier in Umlauf gebracht, das Trumps Kontrolle über die Geldpolitik deutlich ausweiten würde. Demnach würden die Währungshüter jeden geplanten Zinsbeschluss dem Weißen Haus zuleiten. Trump müsste diesen dann absegnen, ehe der Offenmarktausschuss (FOMC) den Zinsentscheid dann tatsächlich verabschiedet. Dass dies dem Federal Reserve Act aus dem Jahr 1913 – das Gesetz führte zur Gründung der unabhängigen Notenbank –  eindeutig widerspricht, steht Trumps Ambitionen nicht im Wege.

Unterdessen verfolgt der Präsident eine klare Strategie, um sein politisches Portfolio auf die Zentralbank auszudehnen. So hat er bereits seinen engen Berater Stephen Miran in den Vorstand geholt. Dass Miran als Notenbanker gleichzeitig seinen Job als Trumps Chefvolkswirt behalten hat, unterstreicht den politischen Interessenkonflikt. Auch versucht der Präsident, das politisch liberale Vorstandsmitglied Lisa Cook aus dem Amt zu jagen. Auf Trumps Wunsch hat die Staatsanwaltschaft Cook wegen Kreditbetrugs angeklagt.

Hinzu kommt, dass zwei Notenbanker aus Trumps erster Amtszeit, nämlich Christopher Waller und Michelle Bowman, bereits im Direktorium sitzen. Wenn der Präsident dann noch einen Nachfolger für Notenbankchef Jerome Powell – dessen zweite Amtsperiode endet im Mai 2026 – an die Spitze holt, wären seiner Einflussnahme keine Grenzen mehr gesetzt. Mit mindestens vier der sieben Vorstandsmitglieder auf seiner Seite könnte das Direktorium der Fed eine beliebige Zahl der regionalen Notenbankchefs auswechseln. Da diese nach einem jährlich rotierenden Muster auch für Zinsbeschlüsse stimmen, könnte der Trump auch dort loyale Gefolgsleute installieren, die ihm Rede und Antwort stehen.

Der Portfoliomanager Michael Gray, Gründer der Vermögensverwaltung Gray Capital Management LLC, warnt vor einer vollständigen Politisierung der Zentralbank. „Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass die Fed ihre Unabhängigkeit komplett verlieren wird“, glaubt Gray. Er rechnet damit, dass „dies die Märkte in einen Zuckerrausch versetzen wird“. Darauf werde aber ein böses Erwachen folgen, wenn nämlich der kräftige Inflationsschub als Ergebnis von Trumps ultralockeren Geldpolitik auf der Wirtschaft lastet. Gray zieht sogar den direkten Vergleich zur Türkei. „Dort hat Präsident Erdogan die Notenbank zu Zinssenkungen gezwungen, und die Folge war eine Inflationsrate von über 75 Prozent.“

Gray und andere Analysten prognostizieren darüber hinaus einen kräftigen Wertverfall beim US-Dollar und einen allgemeinen Vertrauensverlust in die US-Wirtschaft. „Die Märkte könnten großen Schwankungen ausgesetzt sein, da Investoren in einem Konflikt zwischen hohen Preisen auf der einen Seite und leichten Finanzierungsbedingungen auf der anderen Seite gefangen wäre“, sagt Justin Purohi, Analyst bei der Finanzberatungs-Plattform Seeking Alpha. Das wiederum könnte einen Rückzug von Anlegern aus dem US-Markt zur Folge haben. Die Volatilität könnte auch auf andere Länder überschwappen. Interessant nach Ansicht des Experten: Schwäche in den USA könnte globalen Indexfonds wie dem ETF MSCI World Index helfen, dessen Werte auf 23 Industriestaaten mit einem deutlich breiter gestreuten Risiko verteilt sind.

Experten warnen vor Wertverlust des Dollars.

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