Senioren abgezockt

  • Seriöse Handwerker gehen anders vor: Die drei Angeklagten verlangten viel zu viel Geld. Foto: Laura Ludwig/dpa-tmn/dpa

Betrug Drei Männer haben für Handwerkerleistungen immens hohe Preise verlangt. Die Geschädigten bekommen jetzt Geld zurück – allerdings nur einen Teil.

Es war ein ungewöhnlicher Anblick, der sich den Zuschauern am Freitagvormittag im Amtsgericht Ulm bot: Auf dem Tisch der Verteidigung lag jede Menge Bargeld. 9000 Euro, um genau zu sein, geordnet in Stapel. Geld, das für Seniorinnen und Senioren aus Ehingen und Biberach gedacht war: als Wiedergutmachung. Sie sind Opfer von unseriösen Handwerkern geworden, die als Angeklagte im Saal saßen. Am Ende des kurzen Prozesses konnten die drei Männer gehen – das Verfahren wurde eingestellt. Geld bekamen die Geschädigten trotzdem: ein Ehepaar, das vor Ort war, „bar auf die Kralle“, wie es die ältere Dame ausdrückte. Die anderen Senioren per Überweisung.

Was war passiert? Die drei Männer, die rumänische Staatsangehörige sind und keine deutsche Anschrift besitzen, hatten im Jahr 2022 eine bereits bekannte Masche in der Region abgezogen: Dabei verlangen Handwerker viel zu viel Geld für ihre Arbeit und fordern vehement, dass die überteuerte Rechnung sofort beglichen wird. Oft handelt es sich bei den Vertragspartnern um Seniorinnen und Senioren, die eingeschüchtert und von der Situation überfordert sind – und irgendwann auf die unverschämten Forderungen eingehen. So auch in den drei vorliegenden Fällen, in denen die Handwerker Arbeiten an Dachrinnen durchführten.

Wucher und Erpressung

Angeklagt waren die Männer – zwei 26-Jährige und ein 33-Jähriger – unter anderem wegen Betrugs, Wuchers und räuberischer Erpressung. Noch bevor die ersten Zeugen gehört werden konnten, baten ihre Verteidiger allerdings um ein Rechtsgespräch. Er habe vergleichbare Fälle herausgesucht, sagte ein Anwalt.

Diese Verfahren seien eingestellt worden. Zwar sei das Vorgehen der Männer „nicht schön“ und die Vertragspartner „vulnerable Gruppen“, es handele sich aber um einen Graubereich. „Die Vertragspartner könnten ja auch Nein zu dem geforderten Preis sagen.“ Einer Wiedergutmachung sei man nicht verschlossen. „Wir könnten heute was bezahlen.“ Auch der Staatsanwalt sagte, er könne sich eine solche Lösung „zum Wohle der Geschädigten vorstellen“. Diese müssten so nicht mehr ins Gericht kommen und aussagen. Da alle dem Deal zustimmten, wurde das Verfahren vorläufig eingestellt – und das Geld kam auf den Tisch. Da ein geschädigtes Ehepaar aus Ehingen bereits im Gericht war, wurde es direkt in den Saal gebeten. Eigentlich hätten die Senioren eine Zeugenaussage machen sollen. Laut Schätzungen der Staatsanwaltschaft beläuft sich der Schaden der beiden auf etwa 12.000 Euro. Die ältere Dame kam mit Krücken herein, ihr Mann mit Gehstöcken. Noch bevor Richter Oliver Chama die Sachlage erklären konnte, ergriff die Frau das Wort: Ob sie zuerst dran kommen könnten? Ihr Mann habe manchmal Sprechblockaden wegen seiner Erkrankung. „Das ist gar nicht nötig“, sagte Richter Chama und erklärte, dass der Prozess eingestellt wurde. Zunächst bekomme das Ehepaar 4000 Euro. „Zunächst?“, fragte die ältere Dame kritisch nach, war mit der Wiedergutmachung aber grundsätzlich einverstanden. Nach wenigen Minuten verließen die beiden schon wieder den Saal.

Ob das Paar tatsächlich noch mehr Geld zurückbekommen wird? Bei den Rumänen wurden 2700 Euro sichergestellt, wie im Prozess mehrfach erwähnt wurde. Laut Richter Chama wird das Geld wohl komplett an das Ehepaar gehen, weil es auch im Zusammenhang mit dieser Tat beschlagnahmt wurde.

Es handelt sich um Senioren, die eingeschüchtert und von der Situation überfordert sind.

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